Donnerstag. „Heimat ist, was allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war.“ (Ernst Bloch)
Nichtheimat also, nur eine Sehnsuchtsort: Wo gehöre ich hin? Wo ist meine Ladestation?
Das Loch, das nie gefüllte …
Sie haben einen großen Schaden genommen, sagt Dr. K., mein unermüdlicher Begleiter seit Monaten, so ernst, dass ich bis in meine alleeverklebtesten Schichten erschrecke.
Ist mir gar nicht mehr so präsent, diese uralte Geschichte, murmle ich, ist doch Schnee von vorgestern. Und weiß schon, was er nun sagen wird.
Ja ja, sagt er.
Das macht er manchmal, so ganz wenige Worte, die einen Vorhang aufreißen, und mit einem Wimpernschlag wechseln die Paradigmen. Die Welt steht ab sofort unter anderen Vorzeichen.
Das Kind, über das kürzlich ein langer Artikel in der FAS kam – es hat sich weggehungert. Es ist tot. Ich lebe. Wurde im Gegensatz zu dem toten Kind ja auch gerade noch rechtzeitig in die Klinik gebracht.
Es hat doch einfach nur aufgehört zu essen!, sage ich fassungslos. (Wie ich, denke ich. Da muss man doch kein solches Drama machen. Das ist der freie Wille eines Kindes.)
Nur?, sagt mein Doc.
Diese Geschichte, so unendlich lange her sie ist, sei die Ursache für das Loch – so will es mein Doc. Und ich will es aus irgendwelchen Gründen nicht. Da hat er noch zu tun, mein Doc. Aber er mache das gerne. Er habe sich mich ausgesucht, sagt er. Er arbeite gerne mit mir.
Das sagt er, um das Loch zu stopfen. Das Loch, in dem laut Bloch die Heimat aufscheint. Doch die ist irgendwie an mir vorüber gegangen.