Der Preis

Sonntag, B.N. Familienfeier. 90. Geburtstag. Morgenhektik. Schnell noch. Schnell noch Bluse bügeln. Welche Temperatur? Keine Ahnung, Hauptsache glatt. Denk ich. Plötzlich lange, weiße Streifen auf dem Stoff. Ich starre hin und kapiere gar nichts. Bis mir dämmert, dass das Risse sind: Durch lange Risse schimmert das Weiß des Bügelbezugs. Auf dem meine Bluse festklebt, was für eine Scheiße! Als ich sie abziehe, steht sie in die Luft wie Plastikfolie. Und so fühlt sie sich auch an. Seide mit geschmolzenem Elastan. Fuck! Die Bluse ist hin. Unwiderruflich. Sie war teuer. Verdammt teuer. Viel zu! Mein sozialistisches Gewissen meldet sich. Hättste doch! Hättste doch eine von Esprit. Oder Street One. Nicht dieses Luxuslabel, was noch uff dr Schwäb’sche Alb produziert statt in Bangladesch. Ich halte sie hoch, die Risse haben etwas Ikonographisches. Sie stechen mir direkt ins Hirn. Sie sind Zeichen. Geschieht dir, formt sich ein masochistischer Gedankenkomplex an der Grenze von Unterbewusstsein zum Bewusstsein. Nee, gar nicht recht! War einfach nur zu hektisch. Wer es eilig hat, soll langsam machen. Sagt Dr. K. – Hallo, Dr. K., was mach ich denn jetzt ohne meine Lieblingsbluse? Rostrot, mit türkisen Punkten allover. Familienfeier. Von wegen langsam! Die Ungebügelte dann also.