Als Touri in Konstanz

Mittwoch, Konstanz. Das funktioniert alles dermaßen glatt, dass du glaubst, du bist in einer durchrationalisierten, durchorganisierten Anderswelt. Von der superästhetischen Lobby ins Parkhaus, vom Parkhaus in den 5. Stock ins Zimmer. Die Karte solltest du jetzt nicht mehr verlieren, sie sichert dir den Zugang zu fast allem, so auch zum Aufzug. Von oben sieht man auf das Verbindungsstück zw Ober- und Untersee, das komischerweise der Rhein ist. Stylische Restaurants und symmetrische Wohnblöcke – lauter Proras in klein – säumen das Ufer. Eine Etage höher bietet die anthrazit-weiße Dachterrasse den noch besseren Ausblick. Motorboote cruisen auf der glitzernden Wasseroberfläche, Segelflieger und ein Zeppelin auf dem Blau des Himmels. Hier ist die Welt wie von Weltexperten am Reißbrett entworfen, Optimierungsprozess abgeschlossen. Enten und Möwen sorgen für Urlaubsgeräusch, die Leute auf der Promenade sind gut gekleidet und glücklich. Sogar die Radfahrer halten respektvollen Abstand, vielleicht weil auf den asphaltierten Wegen immer wieder  Nimm Rücksicht oder Bitte Rücksicht steht. Später laufen wir über die Fahrradbrücke über den Rhein in die Altstadt. Der Domplatz und das Netz aus Gassen und Gässchen schön wie im Bilderbuch. Kein Gedränge wie in Tübingen, keine bellenden Ansagen wie in Eisenach. Die Menschen sind tiefenentspannt und tiefengeheilt. Sie sind das Produkt flächendeckender Veggie-Läden und -Restaurants, ungebleichter Wäsche und Naturkosmetik.

Es handelt sich um eine wohltemperierte, überaus wohlgenährte Stadt mit starkem Schweizer Einschlag, clean wie ein Blendaxlächeln.

Können hier revolutionäre Ideen entstehen?, sagt PM (er studiert gerade das Internet, wer sich alles für den SPD-Vorsitz bewirbt).

Hier ist es langweilig, sagt PM.