Sonntag, B.N. Heute Morgen einen politisch superkorrekten Traum gehabt. Hier die Schlüsselwörter: Champagnerglas, Badezimmer, Putzhilfe, Klassenbewusstsein, weiße Schürze, Angeberleben.
Gestern Abend spielte im Radio eine traurige Ballade, davon wurde ich zuerst trübsinnig, dann bekam ich den Moralischen. Mutter noch nicht besucht. Vorarbeiten fürs „Amt“ noch nicht mal angefangen. A. und St. nicht auf ihre so liebenswürdige E-Mail geantwortet … . Und fängst du erstmal damit an, übernimmt ruckzuck dein Über-Ich und grast großflächig deinen kompletten Bewusstseinsboden nach sämtlichen kleineren und größeren Vergehen ab, lässt keine dunkle Ecke aus (brauchst du das?) und wird – klar doch! – immer fündig.
Dabei könnte ich sehr zufrieden sein mit mir. Habe ich doch meine ganzen schönen, langen Ferien fast ausschließlich dazu genutzt, dreihundert Manuskriptseiten noch einmal komplett durchzuarbeiten. Freitag abgeschickt – erstmal zu Marcel! (Erstmal zu Penny, Dann geht doch zu Netto, Scheißwerbeslogans, wird alles boykottiert.) Der, also Marcel, soll nochmal drüberlesen. Im Gegenzug habe ich seinen demnächst veröffentlichten 35-Seiten-Essay Der Radikale Konstruktivismus und seine Rezeption korrekturgelesen, eine echte intellektuelle Herausforderung.
Wie wichtig ist ein Buch? Für mich, im Moment, das Wichtigste.
Trotzdem gab es auch: Einen schönen Abend bei Familie B. aus der wunderbaren gleichnamigen Ahrweiler Gaststätte. Einen lebendigen Abend mit A. uns St., die ich noch nicht so gut kenne, aber jetzt schon mag. Einen lustigen Abend mit PMs Tochter und Freund. Einen durchgequatschten Mittag bei J., was eine Nachbarin von PM ist, und einen ganz irrlichterlichen Abend mit M. und D. in o.g. Gaststätte, wo M. sozusagen den abendlichen Schließdienst macht. Nachdem er durch Lichtausmachen alle Gäste raus hatte bis auf ein paar Jugendliche, die im Hintergrund noch irgendwie zugange waren, und wir die riesige Gaststube für uns alleine hatten, ließ PM seine gestreamte Musik laufen und wir tanzen zu viert. Zu dritt, M. verkrümelte sich an die Theke. Keiner beobachtete uns, wir konnten machen, was wir wollten. Tanzen, singen …
… und irgendwann standen wir alle an der Theke und träumten davon, eine Gaststätte zu übernehmen. Am besten gleich diese hier: D. und ich am Tresen, PM macht die Bedienung und M. überwacht die Technik. „Das wäre …“, „ich würde …“, „wir würden / könnten …“ Es lebe der Konjunktiv!
„Gib nochmal ein Weizen rüber, und für mich einen Birnenschnaps. Ist hier noch irgendwo Brot?“
Gegen zwei Uhr morgens geht’s durch die laternenbeschienen Altstadtgassen nach Hause mit einem guten Gefühl im Kopf und laufender Handymusik in PMs Jackentasche.
PM hat seinen Zweiwochenurlaub zuhause verbracht, weil er keine Lust hatte, alleine wegzufahren. Danke Dir, liebster PM!, nicht nur dafür.
Anfangs habe ich mal gedacht, ich sei entkommen. Jetzt merke ich, ich bin angekommen.