Sonntag, Follonica. Die Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff ist ja nun gestorben, vor zwei Wochen, als ich gerade in Berlin war.
Komisch, ich kannte sie gar nicht, sah mit H. und K. abends die RBB-Nachrichten, und da wurde ihr Tod bekannt gegeben. Am nächsten Tag schenkte K. mir Du bist nicht so wie andere Mütter (A. Schrobsdorff). Zuerst dachte ich, noch eine, der nichts Besseres einfällt, als über ihre Eltern zu schreiben (am besten garniert mit einer Demenzerkrankung, Sujet mit hoher Bestselleraffinität), doch seit ich das Buch auf der Rückfahrt von Berlin angefangen habe, lässt es mich nicht mehr los.
Nun im Urlaub, wo ich endlich mal am Stück lesen kann, habe ich es durch. Es lohnt sich von der ersten bis zur letzten Zeile seiner 560 Seiten. Es ist dicht, es verfolgt dich bis in deine Träume (sic!), und obwohl diese Mutter, an der Schrobsdorff sich da abarbeitet, unerträglich nervig ist, manipulativ und ein ewiger Jammerlappen, ist sie einem doch nah. Vielleicht weil sie so hemmungslos auslebt, was andere sich nicht mal ausmalen. Als Mutter natürlich ein Desaster …
Das Buch spiegelt ein Stück deutsche Zeitgeschichte aus der Perspektive einer jüdischen Deutschen (nicht umgekehrt!) wider. Wenn eine das Recht hat, der Lebensgeschichte ihrer Mutter Relevanz zu bescheinigen, indem sie ihr ein literarisches Denkmal setzt, dann ist es Angelika Schrobsdorff.