Montag, B.N. Am Wochenende ist Straßenfest in Eisenach. Irgendjemand hat Geburtstag. Zwischen traumhaften, gründerzeitlichen Großbürgerhäusern sind in zwei Reihen Biertische und -bänke aufgebaut. Getränke und das Buffet stehen im Hauseingang. Am Ende der Straße eine endlose Treppe, deren Stufen für das Fest kurzerhand bunt angestrichen wurden und nun mit Kerzen gesäumt sind, sie führen in das Dunkel der Eisenacher Oberstadt. Stimmung bestens, Anarchie und Nostalgie (jedenfalls für PM und seine alten Kumpels), für mich alles fremd und neu, die Wohnung der Gastgeberin groß genug, um darin Skateboard zu fahren, ein Riesenflur und so viele Zimmer, vollgestopft mit alten Möbeln und neuer Technik (leider sehe ich auf dem Weg zur Toilette viel zu wenig).
Endlich lerne ich Toff kennen, ausgeprägte gegenseitige Sympathie, Erleichterung: Die Freunde deines Freundes solltest du schon mögen.
Hotel Thüringer Hof, PMs alte Wirkungsstätte: Keine Kneipe mehr, sondern ein Steigenberger!
Den Sonntag Vormittag verbringen wir auf Toffs Grundstück, einer abschüssigen, großen Wiese direkt unterhalb der Wartburg. Mittendrin, im Schatten der Äste uralter Bäume, steht ein Hexenhaus, und es zeigt sich, dass es auch eingerichtet ist wie ein Hexenhaus: Sofa, Tisch, Buffet, vergilbte, von Feuchtigkeit verkrümmte Fotos an den Bretterwänden, Dunkelheit. Davor, im Schutz eines verschlissenen Zeltdaches, ein Platz mit Tisch und Stühlen und einem Grill für die Thüringer Bratwürste. Ein weiteres Häuschen beherrbergt den selbstgebauten Stromaggregator, der Lampen, Kühlschränke und Musikanlage einspeist. Für die Kühlschränke, sprich Bier-Depot, gibt’s dann noch ein drittes Extrahäuschen. Dazwischen ein Schießstand (beim 3. Schuss hab ich die Dose erwischt), ein wunderbarer Kunstbaum mit altem Metallschrott und ein Baum der Vergänglichkeit, an dem Uhren, Kameras und andere, ehemals teure Instrumente hängen und ihrer langsamen Vernichtung durch Witterung und Zeit entgegensehen.
Ein Symbol des untergehenden Kapitalismus!, sagt Toff. Es gibt Rotkäppchensekt, Erinnerungen, Eindrücke, noch ein paar Freunde.
Melancholie liegt in der Luft.