Sonntag. “Es kommt nicht nur darauf an, die Dinge richtig zu machen, sondern die richtigen Dinge zu machen.”
Von einer Plakatwand springt mich der Spruch an. Und hinterlässt umgehend ein Gefühl von Verdruss. So, als wenn einer ständig auf der Matte steht und nichts als Erwartung in seinem Blick transportiert.
Es kommt nicht nur darauf an – Hallo, geht’s noch? So werden Lehrerweisheiten eingeleitet. Jetzt also auch noch als Werbeslogan? Der catcht mich direkt auf dem Weg zur Arbeit. Suggeriert mir: Zieh dein Ding durch, Mädel, aber wer sagt dir, ob du nicht auf’s falsche Pferd gesetzt hast? Und dich ganz umsonst anstrengst? Fleißig (hach, süß!), aber nicht effektiv.
Und schon sitze ich in der Optimierungsfalle. Vielleicht vergeude ich meine Ressoucen und merke es gar nicht. Welche Scheißmarke flüstert mir das da gerade ein? Wer steckt dahinter?
Zu spät, schon bin ich vorbei. Nur der Spruch dröhnt noch nach. Sei gut, sei besser. Sei die Beste. Das ganze Leben ein einziges Ranking. Was geht heute, was morgen? Schksssschksssschksss, jaja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt …
Wo sind sie, die Stunden, in denen ich nichts tat als den Wolken hinterherzugucken? Wo sind die vielen Stunden, in denen ich gründlich und mit Hingabe in falsche Projekte investierte? Mit einem Lachen im Gesicht? Der Häkelrock! Einen tellerförmigen Rock habe ich einmal gehäkelt, jede Reihe in einer anderen Farbe. Was für eine Aktion allein die Beschaffung der Wolle! Als er nach vielen Wochen endlich fertig war und ich ihn vor dem Spiegel über die Hüften zog, erkannte ich auf einen Blick: Tellerröcke sind nicht meine Welt! Die Befragung weiterer Spiegel – in der Garderobe, im Bad – bestätigten das Urteil. Halbherzig gab ich meinem Werk eine letzte Chance: Ich riss den Deckel von der Nähmaschine und verpasste dem Rock rechts und links Abnäher. Trapez statt Teller sozusagen, und schnippschnapp, weg mit dem überschüssigen Maschenmaterial.
Was soll ich sagen – Häkelmaschen vertragen keine Nähte. Ohne auch nur eine Sekunde länger zu überlegen, packte ich das verhunzte Stück und warf es in den Mülleimer. Meine Mutter war schockiert. So viel Arbeit. So viel Wolle! Na und? Sollte ich deswegen in was herumlaufen, das mir nicht stand?
Nie wieder ausgestellte Röcke!, das wusste ich von da an. Im Häkeln und Maschenaufnehmen auf Augenmaß war ich in den letzten Wochen eine Meisterin geworden, nichts galt es zu bedauern. Der nächste Rock war aus Seide (aus der Stoffabteilung von Karstadt) und auf der Maschine genäht. Er war schmal geschnitten und saßen wie angegossen.
Manchmal stehe ich darauf, die falschen Dinge zu machen. Mit größtmöglicher Sorgfalt.
Und jetzt lass mich weiterfahren. Sonst komme ich noch zu spät.