Kulturinitiative Rock e.V. Winterbach

Freitag. Zeltspektakel in Winterbach 2015. Status Quo haben dieses Jahr die Eröffnung gemacht, und heute Abend werden Jethro-Tull-Frontman Ian Anderson und Procol Harum auf der Bühne stehen. Und ich bin dabei, zusammen mit H.S., der extra aus dem Norden angereist ist. Für Legenden nimmt man so etwas in Kauf.
Das Zelt ist ausverkauft, die Stimmung gigantisch. Zuerst laufen die Fünf von Procol Harum ein, die ich vor ein paar Jahren schon mal im Sudhaus gesehen habe, aber das ist mit der Open-Air-Atmosphäre so einer Location nicht zu vergleichen.
Gary Brooker hat seinen Zopf abgeschnitten! Seine Stimme immer noch metallisch schneidend, markant.
Im zweiten Teil dann Jethro-Tull-Stücke von und mit Ian Anderson. Anderson geht voll ab, treibt seine Späßchen auf der Querflöte, die er mit seiner eigenen Stimme in Dialog setzt und dabei recht kautzige Geräusche macht. Viel Folk, womit ich persönlich nicht so viel anfange, und natürlich Bach: ein hardrockiger Bourrée, der einen regelrecht von den Plätzen hebt, um sich zu einem wummernden Klangteppich zu entwickeln, als wärst du auf Droge.
Nach dem letzten Stück tobt die Halle wegen der Zugabe. Jetzt kommt Lokomotive Breath, sagt H.S., und, ja klar, darauf warten alle. Einmal mehr zeigt Anderson seinen vogeligen Dr.-Seltsam-Dance-Style. Wo hast du deine kniehohen Stiefel gelassen, Ian? Wo den bodenlangen Mantel, in dem wir dich kennen und lieben? Statt dessen beige Bundfaltenhose und Schuhwerk wie ein Lehrer!
Als dann tatsächlich das Lokomotiven-Intro ertönt, strecken sich die Arme von viertausend (oder so) Leuten zur Decke. Ein beinahe religiöses Gefühl, das dich da ergreift – das Glück für den Moment. Und H.S. meint, das sei sein glücklichster Tag seit langem.