Sonntag. B.N. Zerbrechliche Tage, zerbrechliche Nächte. Krankheiten scheinen gerade sehr im Kommen. Gestern Nacht ist J. schwer erkrankt, T. hat die Situation sofort erfasst, stabile Seitenlage, was ihr vermutlich das Leben gerettet hat, Notarzt, Krankenhaus. Und jetzt die Diagnose, mit der T. und J. erstmal fertig werden müssen. Lebensverändernd, auf jeden Fall. Merkwürdig: in der Nacht bin ich um vier Uhr aufgewacht und bis obenhin abgefüllt mit einer diffus unguten Stimmung im Haus herumgelaufen. Kurz vor vier Uhr hat sich der Vorfall mit J. ereignet und T. in allerhöchste Angst und Aufregung versetzt. Geheimnisvolle Verbindung, vielfach belegt, ohne belegbar zu sein: Mein lieber Sohn. Hut ab vor seiner Reaktion und seinem Verantwortungsgefühl.
Arbeit am nächsten Interview (in drei Tagen). Recherche, Fragenkatalog erstellen. Sehr tragische Vater-Sohn-Geschichte, so schwer, Fragen zu formulieren, die an den Kern gehen, ohne zu vernichten. Ist ein Todesfall denkbar, der keine Selbstzweifel bei den Angehörigen auslöst? Aufgrund einer zweifellosen, objektiv gegebenen Universal-Schuldlosigkeit? Oder denken Menschen sich nie universal schuldlos? Es gibt sie nicht, diese Schuld, und dennoch wird sie in den meisten Fällen empfunden …