Donnerstag. Mein wahrscheinlich einziger Beitrag zum Lutherjahr 2017 (auf FB):
Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort, die ich – ich oute mich an der Stelle – als ev. Theologin sehr zu schätzen weiß und zum größten Teil nur bestätigen kann. Sie enthält allerdings einen Widerspruch in sich: Indem Du rein theologisch argumentierst, bestätigst Du ja geradezu, dass es Luther ausschließlich um Religion ging. Er war kein Rassist. Und das halte ich absolut nicht für eine Spitzfindigkeit. Ich komme selber aus einer mütterlicherseits jüdischen Familie. Was das heißt, Verwandte in Ausschwitz verloren zu haben, wie sich das auch noch auf die Folgegenerationen auswirkt, wissen wahrscheinlich nur Betroffene. Weil mir diese Verfolgungs-Geschichten sozusagen in die Wiege gelegt wurden, reagiere ich sehr empfindlich auf rassistische Animositäten, egal gegen wen sie sich richten. Es greift das Selbstwertgefühl ganz anders und viel grundsätzlicher an, aus rassistischen Gründen abgelehnt zu werden – also weil ich Vorfahren habe, die irgendwann mal aus dem Orient eingewandert sind -, als aus religiösen Gründen. Das ist meine Erfahrung, gegen die kann auch niemand an argumentieren. Luther hat die Juden zum Schluss gehasst, da gebe ich Dir recht, weil sie auf seine Bemühungen und auf seine doch so exquisite Argumentation nicht eingestiegen sind. Dass Luther hier grausam irrte, weiß ich, weiß jeder. Aber, wie gesagt, Rassist war er nicht, und dass er von den Nazis als Argumentationshilfe beerbt / missbraucht wurde, dafür kann er auch nichts.
Wie gesagt, es gibt Themen, die dann irgendwann ausdiskutiert sind und dennoch kontrovers betrachtet werden. Ich schätze Luther als handfesten Theologen und Praktiker, der die Dinge in aller Deutlichkeit anspricht und Stellung bezieht gegen Kirche und Staat. Ist heute nicht mehr so üblich. Insofern trifft Apologetik vielleicht zu, ich würde es Parteilichkeit nennen … Ich mag ihn. Ich mag Luther und das Judentum. So, nun isses raus …