Mittwoch. Wer Karriere machen will, muss netzwerken, heißt es heute auf Spiegel-online (Netzwerken macht ein dreckiges Gefühl, Timo Stukenberg)
Zu diesem Zweck geplante Netzwerk-Events seien oft aber so grässlich, dass sich die Teilnehmer hinterher wie befleckt fühlen, körperlich schmutzig – es sei denn, sie halten sich für mächtig.
Erzwungene Gespräche mit lauter fremden, potenziell karrierefördernden Leuten: Wer an einer derartigen Veranstaltung teilnimmt und andere Menschen nur unter dem Aspekt kennenlernt, seine persönlichen Jobchancen zu erhöhen, empfinde sich dabei oft als unauthentisch, unmoralisch, schuldig. Dieses Unbehagen sei so stark, dass es sich sogar auf den Körper übertrage, bis hin zum Bedürfnis sich zu waschen.
Wer einmal solche schlechten Erfahrungen gemacht hat, meldet sich wahrscheinlich zu keinem weiteren Netzwerk-Treffen mehr an. Damit verschlechtern sich allerdings die Chancen auf Karriereaufstieg. Denn wer im Job vorankommen will, brauche häufig ein gut gepflegtes Netzwerk.
“Networking ist eine Form der Korruption!”, stellt Kommentator Newspeak klar. Und Kommentator Olaf sagts noch direkter: “Früher nannte man das auch A*kriechen.” “Ich kanns auch nicht”, bedauert elblette: “Es gibt Leute, die sind Natural Born Networkers – nicht unbedingt, weil sie anderen in den Allerwertesten kriechen, sondern weil sie einfach mit jedem ein nettes Gespräch anfangen können. Aber ich fühle mich dabei auch immer unwohl, ich möchte nicht mit jemanden ein Gespräch anfangen mit der Frage im Hinterkopf, ob die Person mir nützen kann. Ich könnte mir dafür jetzt auf die Schulter klopfen, aber in Wirklichkeit ist es ein großer Nachteil in der Berufswelt.”
Berufswelt hin oder her, sind wir es nicht selber, die diese Berufswelt mitprägen? Ich finde es ziemlich beruhigend, dass die Leute o.g. Gefühle des Unwohlseins haben. Das zeigt doch, dass sie von sich aus – also ohne die ihnen abverlangte déformation professionelle – über ein soziales Gewissen verfügen. Dass sie moralische Vorstellungen vom menschlichen Miteinander haben und soziale Kontakte zu ausbeuterischen Zwecken ablehnen.
Negative Gefühle sind eine Selbstwarnung, dass etwas falsch läuft. Diese Warngefühle kritisch zu sehen, wie der Artikel es nahe legt, weigere ich mich. Im Gegenteil finde ich es einfach nur super, dass elementare mitmenschliche Gefühle offenbar bei Vielen noch funktionieren. Wenn Netzwerk-Events diese Erkenntnis zutage fördern, haben sie ihren Sinn schon erfüllt.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/karriere-teilnehmer-netzwerk-treffen-fuehlen-sich-dreckig-a-991230.html