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Weihnachten – Freunde, Essen, Terroristen
Montag. Das Jahr geht zuende. Meine Wohnung ist wieder still, nachdem drei Tage lang acht Lieblingsmenschen hier gespielt, getobt, gekocht, gegessen, erzählt, gelacht und gefeiert haben.
Es war ein schönes Jahr. Viele Pflänzchen im Privaten und im öffentlichen Raum sind gesetzt, die hoffentlich in 2025 Blüten tragen und zu Sträuchern und Bäumen anwachsen werden.
Der furchtbare Anschlag in Magdeburg mit fünf Toten und über 200 Verletzten hat einen Schatten über Weihnachten geworfen, egal in welcher Region Deutschlands. Klar müsste jetzt jedem sein: Es kann überall und jederzeit passieren, das ist der neue Kampfmodus des Terrorismus: Einzeltäter, die aus sich heraus töten, ohne Bezug zu einer auftraggebenden Gruppe, zu einem selbstgewählten Zeitpunkt mit selbstgewählter Bewaffnung, in diesem Fall einem SUV.
Der Neunjährige, der gestorben ist, war Freiwilliger der Feuerwehr, ein Guter, so jung wie er war, einer, dessen Tod besonders fassungslos macht. Der Täter ein Psychiater mit wirrem Mindset, ein Araber, dem die deutsche Migrationspolitik nicht in den Kram passt, das ist aber alles egal: Er ist Arzt und Massenmörder und damit ein ideologisches Paradoxon.
Meine afghanische Schülerin R. schlägt immer die Hände vors Gesicht, wenn ich sie über ihr Land oder über Syrien ausfrage oder über das europäische Migrationsproblem. Sie ist Schiitin und erzählt, dass ihr Leben in A. bedroht gewesen ist, weil Sunniten der Überzeugung seien, wenn sie fünf Schiiten umbringen, kommen sie direkt in den Himmel. (Was ist das denn für ein Gottesbild? Besser nicht nachfragen …) Jederzeit könnte einer in den Bus steigen und losballern auf schiitische Mitbürger, also auf sie und ihre Familie, und nichts passiert, außer dass einige Passanten im Bus danach tot sind.
Man müsse die Demokratie schützen, beschwört Steinmeier die Trauergemeinde in Magdeburg. Wie bitte? Was hat der Massenmord, was hat die Trauer der Angehörigen mit dem Schutz der Demokratie zu tun? Ach so, die Verschreckten könnten jetzt AfD wählen – das ist es, was unseren Oberhirten bewegt angesichts sehr vieler Toter und Verletzter. Seltsam. Seltsam unsympathisch.
Ich habe mich in Tübingen mit lieben Freundinnen getroffen, war nebenbei coole Sachen shoppen, ich sage nur Cowboystiefel, High Heel Lackstiefeletten …, und an Heiligabend war ich mit A. und meiner lieben E. in einem leider ziemlich laberigen Weihnachtsgottesdienst. Und jetzt bin ich wieder in Eisenach und treffe beim Einkaufen im Supermarkt liebe Kolleg*innen. Wer hätte das gedacht? Freunde sind so wichtig! Freue mich auf morgen Abend, wenn PM und ich mit unseren sechs Lieblingsfreund*innen das neue Jahr bei Raclette und guten Getränken und Baumkuchen und feinen Canaches von Café Brühheim bei uns begrüßen.
Nach dem Essen ist vor dem Essen … Essen verbindet und so weiter, stimmt ja alles – aber danach muss esstechnisch unbedingt mal wieder auf die Bremse getreten werden.
Danke Oskar!
Danke Danke Danke! Dies ist KEINE Wutrede. Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen – muss man sich das erst wieder in Erinnerung rufen?
Witze
Sonntag, Tübingen. Bei Rollo sind auch ein paar Ossis: Rolo, PM und eine Krawallmaschine mit der Originallache vom Krümelmonster, was ziemlich gewöhnungsbedürftig ist. Der fängt an DDR-Witze zu erzählen. Alle hören gespannt zu, vor allem die Wessis. Einer geht so:
Ein Mann ist umgezogen und braucht ein paar Sachen für seine Wohnung. Er geht ins Konsum-Warenhaus, sieht sich überall um und fragt die Verkäuferin: Haben Sie keine Teppiche?
Die Verkäuferin sagt: „Keine Teppiche gibts oben in der der 1. Etage. Hier gibts keine Gardinen. Und im Untergeschoss haben wir keine Blumentöpfe.“
Kurzes Schweigen, dann bricht PM in dröhnendes Gelächter aus. Die Krawallmaschine sowieso. Während den beiden die Lachtränen aus den Augen spritzen, wechsle ich einen Blick mit Rolo und sage, dass ich über Witze nie so richtig lachen könne, höchstens schmunzeln.
Darauf Rolo: DDR-Witze seien nur im Kontext der DDR zu verstehen. Bei mir wecke der Witz ja keine Erinnerungen.
Ach so, verstehe. Auf Knopfdruck meldet sich mein WessiDauerSchlechtesGewissen – leeres Konsum-Warenhaus vs. volle Kaufhof-/Karstadt-/Horten-/Hertie-/Woolworth-/C&A- …Kaufhäuser, aber nur ganz kurz. Was das angeht, mache ich echt Fortschritte.
Danach gibt es eine unglaublich gute Mousse au Chocolat, von der ich gleich mal das Rezept kassiere.
Good News
Samstag. So ein angenehmer, entspannter Abend. Private Weihnachtsfeier im Lebemann. Langsam fasse ich wieder Vertrauen in unser Eisenach-Abenteuer. Heute Abend gehts nach Frankfurt zu Rolos Geburtstagsparty und danach wird Weihnachten in Angriff genommen.
Die Endkorrektur am Manuskript isch over, jetzt muss die Verlagslektorin noch einmal drübergehen, und dann das aller-, wirklich allerletzte Interview mit dem Wundermann Martin Aufmuth, der die EinDollarBrille erfunden & gegründet hat und managt.
Zu der Weihnachtsfeier hat uns einen ganz liebenswürdiger Eisenacher Zahnarzt eingeladen, der die regionale Musikszene, insbesondere Jazz, entscheidend gestaltet und organisiert. Er hat den Verein Alter Schlachthof / BSE gegründet und investiert viel Zeit und Energie und ich glaube auch Geld in diese tolle, wirklich erhaltenswerte Location.
Nachdem ich ihm schon vor einiger Zeit von meinem Sorgenkind mit den sieben ausgeschlagenen Zähnen erzählt habe, ich nenne ihn hier Mike, und ob man ihm nicht irgendwie helfen könnte, hat er mich nicht beiseite geschoben oder belächelt, sondern nachgedacht. Und siehe da, jetzt bahnt sich eine großartige Lösung in Zusammenarbeit mit der Uni Jena an. Die Behandlung würde dann mehr oder weniger kostenfrei sein und das wäre phantastisch, denn es geht um nicht weniger als sieben Implantate. Ich wünsche es Mike so sehr, dass er sein schönes Lächeln zurückbekommt.
The Great Helen Schneider
„… ich könnte mich jetzt vor einen Spiegel stellen und Ihnen genau zeigen, wo was gemacht werden muss, aber wissen Sie was? Ich habe die wichtigsten Menschen meines Lebens früh verloren. Meine Mutter starb mit 48 nach einer langen Krebserkrankung. Sie wurde jedes Jahr operiert und fast immer ging etwas schief. Ich selbst habe eine hässliche Blinddarm-Narbe. Und ich soll mich für meine Schönheit freiwillig unters Messer legen? Das will ich nicht. Ich sehe aus, wie ich aussehe, mit Falten und weißen Haaren. Meine Haare nicht mehr zu färben, war eine totale Befreiung! Ich mache auch keine absurden Diäten mehr wie die ‚Ich esse nur Marshmallows‘. Ich ernähre mich gesund, ohne dogmatisch zu sein, mache täglich Yoga und Push-ups an der Badewanne. Und wenn ich traurig bin, schlucke ich keine Pillen, sondern treffe mich mit Freunden, um zu reden. […]“
Helen Schneider ist jetzt die neue Gerichtsmedizinerin im Bremen-Tatort
Schöne alte Welt
Sonntag, Tübingen. Im wohlhabenden Tübingen macht der letzte verbliebene Juwelier, Seeger, dicht. Gerüchten zufolge soll auch gegenüber der WMF-Laden schließen, und in der wunderbaren Bilderrahmenwerkstatt Wenke sitzt man bzw. frau schon auf den gepackten Umzugskartons.
Mein geliebtes Tübingen verändert sich, aber nicht zum Guten. Ich drängle mich durch die wg. Weihnachtsmarkt schon am Vormittag knallevolle Altstadt zum Friseur. Als ich zwei Stunden später geschnitten, geföhnt und ziemlich neu gestylt an der Kasse meine Karte aus dem Gerät ziehe, wird es plötzlich dunkel im Laden – oups, war ich das? Und leise. Alle Föhne verstummt, ratlose Blicke, doch erstaunlich wenig Panik, außer vielleicht bei denen, die mit Farbpackung auf dem Kopf dasitzen und sich jetzt fragen, ob das noch was wird mit der Festtagsfrisur.
Auf dem Heimweg laufe ich an Buden ohne Lichter und ohne Kassengeräte und an dunklen Geschäften vorbei. Ich treffe ein paar Leute, der Stromausfall wundert niemanden und verärgert nur in Maßen.
Der Weihnachtsmarkt zieht zu viel, das schafft das Netz in unserem Entwicklungsland nicht, frotzelt Roland, der Geschenke kaufen wollte und jetzt erstmal ausgebremst ist. In einigen Geschäften sind die Leute eingesperrt, weil die elektronischen Türen nicht öffnen. Da habe ich aber Glück: Bin im Freien und kann mit jedem, der mir unterkommt, ohne Zeitdruck quatschen. Wann gabs denn sowas schon mal?
Wieder zuhause, spinnt der Drucker, ansonsten geht alles seinen Sozialistischen. Strom läuft, PC läuft und ich kann nahtlos weiterarbeiten. Mein lieber T. ruft an, wie jedes Jahr freuen er und E. sich am Adventskalender, von meiner lieben L. hoffe ich dasselbe und auch PM erzählt am Telefon, was heute in seinem Päckchen war. Ich sammle bereits für die 72 Päckchen im nächsten Jahr, obwohl es mich vollkommen überfordert, so weit in die Zukunft zu denken. Ich klammere mich an Rituale, an Herkömmliches, weil so greifbar wird, dass meine Welt hinten runter kippt.
Ich weiß um das Ende des Schlesischen Weberaufstands. Halte trotzdem dagegen. Beharrlich und mit langem Atem, das Scheitern im Blick.
Jahresbilanz
Sonntag. Fast acht Jahre alt. Passt noch …
Oups!
Während man in den Niederlanden, Ungarn, den USA mit Ablehnung auf den fragwürdigen Haftbefehl (21.11.2024) des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Netanyahu reagiert hat, fällt Annalena Baerbock nichts Besseres ein als den Vorgang ausdrücklich zu begrüßen.
Welches jenseits aller politischen Vorstellungskraft liegende Bild gäbe Deutschland für die Welt ab, wenn der israelische Ministerpräsident ausgerechnet auf dem Berliner Flughafen verhaftet und abgeführt würde?
Vor zwei Tagen schwadroniert die Außenministerin mit dem Wording einer Zehntklässlerin vom Einsatz deutscher Soldaten in der Ukraine (während ukrainische Wehrpflichtige sich nach Deutschland absetzen) und von neuen Milliardenspenden für den endlich fälligen Sieg gegen Russland. Da legt der Kanzler dann doch sein Veto ein: Die Außenministerin habe nur nicht Ja oder Nein sagen wollen, relativiert er reichlich unglaubwürdig.
Noch auf der letzten Strecke ihrer Albtraumamtszeit sorgt die Erfinderin der feministischen Außenpolitik, deren Herz nicht für die revoltierenden iranischen Frauen schlägt und auch nur ein sehr kleines bisschen für die israelischen Geiseln, regelmäßig für Grauen. Manchmal, wenn ich wieder so eine dieser unsäglichen Schlagzeilen aufschnappe, obwohl ich sie gar nicht aufschnappen will, denke ich, die quatscht uns noch in den 3. Weltkrieg rein. So, oups? Wollte ich garnich.
Kann nicht einfach mal einer die Mikrophone abstellen?
Kuschelkurs mit Islamofaschisten
Freitag. PMs syrischer Kollege M. ist entsetzt über das Narrativ westlicher Leitmedien, was Syrien und ganz aktuell die Bewertung der Islamistischen „Rebellen“ angeht.
Wieso „Rebellen“? Wieso „Aufständische“? fragt er aufgebracht. Das HTS-Bündnis seien einfach nur brutale Terroristen, hervorgegangen aus dem IS bzw. Al-Quaida. Mit Demokratie haben sie aber auch gar nichts am Hut, Grundlage ihres radikalislamistischen Staatsmodells ist die Scharia.
M. kann die Wahrheitsvereinnahmung der selbsternannten Expert*innen nicht mehr ertragen. So gut wie niemand hier in Deutschland wisse wirklich, was in Syrien passiert. Die Lage sei so komplex, dass es selbst Syrern schwerfällt durchzublicken. Die sog. Rebellen werden u.a. von Erdogan gesponsert. Erdogan erhofft sich eine Niederschlagung der Kurden, die ein eigenes Staatsterritorium für sich einfordern. Die Kurden werden von Assad geschützt. Das westliche Narrativ speise sich aus rein geopolitischen Interessen: Putin als Verbündeter Assads könne nur heißen, Assad muss weg! Und sei es eben mit Hilfe der „Rebellen“.
Jeder konnte sich gestern von diesem ideologischen Rumgeeiere in Dunja Hayalis ZDF-Morgenmagazin überzeugen: Die Journalistin verharmlost den aggressiven Einmarsch der bis an die Zähne bewaffneten IS-Terrortruppe: Sie seinen „zwar Islamisten“, ABER sie seien offen für christliche und jüdische und alewitische Minderheiten in Syrien.
Wer’s glaubt. Assad entstammt einer alawitischen Familie. Den Alawiten wird die Rache der Rebellenfreaks als Erstes gelten, weshalb sie bereits massenhaft die Flucht außer Landes antreten.
Der Kuschelkurs mit islamistischen Terrorgruppen wird uns noch auf die Füße fallen. Pro-terroristische Jubeldemos wie gestern in Düsseldorf sind ein Vorgeschmack.
Wenn Assad fällt, dann Gnade uns Gott, was mit Syrien passiert, sorgt sich M. Er ist genau vor diesen „Rebellen“ nach Deutschland geflohen, doch seine Familie und sein Herz sind in Syrien.
„Die HTS (Hayat Tahrir al-Sham) ist die führende Organisation in der Provinz Idlib, die unter dem Schutz der Türkei steht. Sie ist radikalislamisch und ein Abkömmling von Al-Kaida, von der sich ihr Führer Abu Mohammed al-Jolani jedoch losgesagt hat. Sie stilisiert sich nun als syrisch-national und verbreitet beruhigende Botschaften an alle religiösen Minderheiten und die Kurden. Der ganze Raum Aleppo, Hama und Homs ist stark multikonfessionell, viele dort haben Angst vor Islamisten. …“ (Der Standard, 6.12.24)