Poetikdozentur

Tübinger Poetik-Dozentur dieses Jahr mit Clemens Setz und Kathrin  Passig als Co-Dozentin. Die Vorlesung in der Alten Aula hält Setz. Über Schreibanlässe spricht er. Ein Wortakrobat, ein Jongleur, der amüsante Spielereien mit Satzfragmenten und Überraschungseffekten durch Zusammenfügen von nicht Zusammenpassendem anzettelt (Screenshots von den Headlines alter, richtig alter Zeitungen). Lustig, verblüffend, ja durchaus – und irgendwann ermüdend.

Bin ich müde? Ich kichere ein bisschen mit und dann der Gedanke: ach leck mich, komm endlich zur Sache. Sind Worte denn nur Zeichen, Spielzeug?, nein, sind sie nicht, um das gleich zu beantworten, habe ich auch noch nie so gesehen. Es gab da mal eine Auseinandersetzung vor vielen Jahren mit einer WG-Mitbewohnerin, die behauptete, sie könnte ihre ungeliebte Schwiegermutter, wenn die es unbedingt wollte, auch MUTTER nennen: Meinetwegen, das ist doch nur eine Kombi aus sechs Buchstaben, meinte sie herablassend. Muss ja nichts bedeuten.

Doch. Muss es! Dekonstruktionen dieser Art sind unzulässig. Unsinnig. Na ja, ich weiß nicht, wie der Setz das jetzt einschätzen würde. Der ist inzwischen beim computergesteuerten Übersetzungsprogramm angekommen, vom Chinesischen ins Deutsche, wie seine Beispiele zeigen, und die Poesie der dabei entstehenden Crypto-Speach berühre ihn tief.

Ganz in der Tiefe berührt mich die Empfindung einer deprimierenden Belanglosigkeit. Laberrhabarber.

Ich mag den Setz trotzdem. Vielleicht, weil ich ihn mögen will. Die Stunde zwischen Frau und Gitarre (2015) werde ich mir morgen mal ansehen.