Mittwoch, Aula Uhlandstraße. Manchmal, im Rauschen der täglichen Bilderflut, macht mein Unterbewusstsein einen Screenshot. Eingefrorene Wirklichkeit, Dokumentation eines Lebensaugenblicks.
Was mache ich hier?
Mein Rückgrat, Beine, Arme, Hände, wie einbetoniert, halten meine Maske aufrecht. Nicht fallen lassen, nicht fallen lassen, darauf kommt es an. Der Klang unendlicher Reden, austauschbarer Satzbausteine von immer ausgetauschten Stimmen, durchwabert die aufgeheizte Luft, Kindergefiedel auf Kontrabass markiert den Wechsel, lähmt Bewusstsein und Luftzug gleichermaßen, blödes, depressives Kontrabass. Weit offene Fenster ändern auch nichts an der Mittagshitze. Weit weg scheint das so nahe Grün der Bäume überm Neckar, der Kühle nur vortäuscht.
Applaus, Applaus, wer redet, wer wird gefeiert, die versammelte Honoratiorenschicht der Stadt wischt sich den Schweiß unterm Jackettkragen und lacht milde über milde Scherze. Die Gefeierte redet nun selbst. Alles, alles war gut und wird gut. Der Flügel glänzt schwarzlackig unter einfallendem Sonnenstrahl, ein Mann mit noch jungem Gesicht spielt Filmmusik. Noch einmal Applaus. Lächelgesichter bis zum Horizont. Bis zur Betonwand mit den lateinischen Lebensweisheiten in blutroter Gelehrtenhandschrift.
Feuchte Hände drücken einander. Trockene Häppchen auf Metalltabletts. Fluchtbewegung: Vor vertrockneten Pensionären, hier unerträglich geballt und gierig nach Gespräch, Zuwendung, dem Lebenssaft derer, die noch dazu gehören.
Denen die Flucht nicht geglückt ist.