Samstag, Diano Marina. Ein 20-Jähriger wird am 23. Juli auf der Abifeier seiner Schwester in Bad Oeynhausen von zehn syrischen, als Kriminelle polizeilich erfassten Jugendlichen erschlagen. Ein 15-Jähriges afghanisches Mädchen wird von ihrem polizeibekannten Vater umgebracht, weil ihm ihr Lebenswandel nicht gefällt. An meiner vorherigen Schule in Tübingen wird während der Abifeier ein Schüler hinterrücks von einer Gruppe migrantischer Jugendlicher zusammengeschlagen. Der Fall hat keine mediale Verbreitung gefunden, da das Opfer, ein ehemaliger Schüler von mir, „nur“ schwerverletzt in der Klinik gelandet ist. Inzwischen geht es ihm wieder gut, GSD, aber sein Mindset habe sich, wie mir erzählt wurde, radikal verändert. In Berlin verbietet eine Schule die Abifeier, weil seit dem palästinensischen Überfall auf Israel am 7. Oktober ’23 die Auseinandersetzungen zwischen arabischen und deutschen Schüler*innen nicht mehr in den Griff zu bekommen sind.
Mich machen diese Fälle extrem betroffen. Sie machen mir Angst. Nicht nur, weil ich selbst an einer Schule mit hohem Migrationsanteil unterrichte, sondern weil unser gesellschaftliches Klima zunehmend darunter leidet.
Nancy Faeser ist bestürzt über die „schrecklichen Vorfälle“ oder die „furchtbaren Verbrechen“, ihre Rhetorik ist auswechselbar. Ihre berufsbetroffenen Krokodilstränen kann ich ihr nicht abnehmen: Niemand weint immerzu über dasselbe. Wie die Warteschleife der DHL-Hotline wiederholt sie ihre Beteuerungen, an der Abschiebung „auch“ für Afghanen und Syrer zu arbeiten.
Sie arbeitet daran schon sehr lange, und während sie das tut, wird bekannt, dass das Auswärtige Amt Tausende von afghanischen und syrischen Migrant*innen mit unvollständigen Papieren durchgewunken hat.
Warum eigentlich?
Ich würde das gern verstehen. Die Regierungsbeamt*innen schütteln traurig die Köpfe. Auch sie sind sehr betroffen. Vor allem darüber, dass so viele Jugendliche bei der Europawahl von ihren Parteien nichts wissen wollten. Dafür aber von der AfD oder irgendwelchen Kleinparteien. Sie verstehen die Welt nicht mehr. Sie tragen ihre irrationale Hoffnung vor sich her, bis zur Bundestagswahl werde sich das Blatt noch wenden. In Polittalkshows schieben sie die Schuld auf die Inflation!, wie jüngst SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken bei M. Lanz. Auf den Unsinn kann nur kommen, wer seiner eigenen Verantwortlichkeit gegenüber mit Blindheit geschlagen ist.
Der vielzitierte Elefant im Raum.