Werkstattbericht

Mittwoch. Gerade zurück aus Stuttgart. Lesung mit meiner Schreibwerkstatt in der neuen Stadtbibliothek im neuen Viertel neben dem Hauptbahnhof. Meine Mädels sind die dritte Gruppe der Veranstaltung, und jedesmal wieder ist es so ein mega cooles Gefühl, die Texte der anderen zu hören und ganz genau zu wissen und mit jeder Sekunde wächst die Gewissheit: Wir sind besser. Wir werden gleich die Bühne rocken. Das gibt mir so eine geile Sicherheit, und dann denke ich an meine zweijährige Ausbildung im Stuttgarter Literaturhaus und weiß, wofür ich sie gemacht habe und dass sie Früchte trägt, sozusagen.

Es kommt genau wie erwartet. Viel Applaus, viele Fragen nach unseren Themen und unserem Arbeitsstil. Die Arbeit hat sich, wieder mal, gelohnt. Textarbeit und nochmal Textarbeit, that’s it! Und Vielfalt, wo andere um Einheitlichkeit bemüht sind, die dann eben doch schnell als Einfalt rüberkommt. Einen unserer Texte hat sich die einführende Bibliothekarin gleich gebunkert, sie möchte ihn eventuell weiter verwerten.

Die neue Stadtbibliothek ist übrigens von außen ein absolut schrecklicher Bau mit dem Charme einer psychiatrischen Einrichtung. Innen geht es dann gerade so weiter: Alles ist weiß, klinisch rein, kein Pflänzchen, kein Kissen, nichts. Weißer Boden, weiße Wände, weiße Decken, weiße Stühle, weiße Tische. Weiße Regale. Du betrittst einen quadratischen Raum, der vier Stockwerke hoch ist. Irgendwann, oben, fangen die Bücher an. Ansonsten: Die totale Leere, bis auf einen quadratischen, blauen Brunnen, der in der Mitte des Bodens eingelassen ist. (Wow, eine Farbe!) Durch die Höhe des Raumes und durch dieses allgegenwärtige Weiß fängt man plötzlich an zu flüstern. Das ist die Ehrfurcht einer Kirchenhalle. Die jedoch, kaum bist du um die Ecke gebogen, gleich wieder nachlässt.

Vorher haben wir noch ein bisschen Zeit für die Markthalle, die immer wieder ihre Wirkung zeigt. Wir kaufen die üblichen gefüllten Feigen vom persischen Stand, Cranberries und Ingwer. Anschließend der übliche Starbuck’s-Besuch und Bummeln im Museumsshop im Kunstmuseum.

Am Abend – nur am Abend – sieht das Bibliotheksgebäude schön und geheimnisvoll aus, wenn die quadratisch angeordneten Glasbausteine um die Fenster herum blau leuchten. Ein magisch blauer Kubus. Wir sehen ihn auf der Rückfahrt aus dem Zugfenster, ich sehe seine Reflexe in den Augen der stolzen Jungautorinnen. Ein guter Tag.