Steingarts Morning Briefing 04.03.2025

„Trump bleibt Trump. Auch weil wir ihn dazu machen. Krass. Schrecklich. Unfassbar. Was immer der amerikanische Präsident tut oder sagt, wird im europäischen Mediengewerbe unverzüglich zu einem neuen Erregungsschub verarbeitet. Die meisten Medien unterscheiden sich nur noch in der Portionsgröße dieser Erregung. Komplexität gilt als lästig, Differenzierung als Verrat. Damit dienen die Medien ihrem Geschäftsmodell und zugleich der allgemeinen Sehnsucht nach Vereinfachung. Wenn Menschen die Komplexität einer Situation nicht aushalten, neigen sie dazu, die Realität zu vereinfachen, um innere Spannungen (Dissonanzen) zu vermeiden. Das nennt man in der Psychologie „Kognitive Dissonanzreduktion“. Es kommt in der weiteren Folge zu dem, was die Experten „Confirmation

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Beschenkt

Sonntag. Seit 2 Tagen sind das Tchen und das Lchen bei uns. Spielen, kochen, stadtbummeln, malen, singen, im Glaszentrum Lauscha den Glasbläsern zuschauen und eins oder mehrere Andenken im Laden aussuchen, die beiden bei der Qual der Wahl unterstützen, Geschichten erzählen und Geschichten lauschen, das Lachen, Streiten und Versöhnen, die Ängste und Erfolge und nicht immer schönen Erfahrungen von einem 8- und einem 9-Jährigen anhören, nur begrenzt eingreifen können, das aushalten und immer wieder von Neuem akzeptieren lernen und eine tiefe und unerschütterliche Liebe spüren – jede einzelne Minute ist mir dieses absolut reine Gefühl von Fülle und Dankbarkeit ein Geschenk.

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Ich denke doch, …

… die Mehrheit der Bevölkerungen in Europa ist gegen Aufrüstung zu Lasten ihrer eigenen sozialen und wirtschaftlichen Bankrotts? Ich wundere mich über Leute, die vom Fernsehsessel aus den Krieg gegen Russland befeuern, nur weil ihre eigenen Kinder und Ehemänner und Väter nicht betroffen sind. „Lieber tot als rot“ – die Opa-Diskussion hatten wir schon in einem anderen Äon.

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Undankbar

Freitag. Bemerkenswert: Trump wirft Selelnski Undankbarkeit vor. Seit drei Jahren jeden Morgen die erste Meldung auf dem Bildschirm: „Selenski will!“ Am Anfang stand eine Lieferung Helme, zum Schluss war es der Taurus. Von der immensen humanitären Hilfe, die wir alle leisten, spricht ja schon niemand mehr … Selenski in seinem ikonischen Khakipullover, als käme er direkt von der Front, lässt den gastgebenden US-Präsidenten nie ausreden. Sein Auftritt eine diplomatische Katastrophe; die ukrainische Botschafterin bricht in Tränen aus.  Jeder mache sich selbst sein Bild …

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Kriegstrunken

Donnerstag. Der Ausgang der Neuwahlen überrascht ja so wenig wie die morgendliche Anzeige der WetterApp. Überraschend ist eher, dass fast 21 % Blauwähler*innen bei den Altparteien null Lerneffekt erzeugen. Beschränkten sich deren Vertreter*innen im Wahlkampf argumentativ im Wesentlichen auf Blauwählerbashing, bleiben sie nach der Wahl an ihren Sitzen kleben, als hätte das alles nichts mit ihnen zu tun. Allen voran Esken, Klingbeil, Baerbock … Laut der noch amtierenden Außenministerin hat die Bundesregierung in den letzten Jahren 37 Milliarden Euro an die Ukraine überwiesen für die Fortführung eines ganz offensichtlich nicht gewinnbaren Krieges. Dafür hat sie bei Kindern, Bildung und Bahn

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Vorwahlabend

Sonntag. Wenn Harald Schmidt und Thomas Thieme im Gothaer Lindenhof zusammenkommen, dann ergibt die Prise Süffisanz & Zynismus an Hyperschlagfertigkeit und Roundabout-Durchblick einen coolen Abend. Nein, auf Wahlprognosen lassen die beiden sich nicht ein. Für heute Abend ab 18 Uhr erwarten sie allerdings Sketch-würdige TV-Unterhaltung, à la: Dieses Ergebnis konnte so niemand voraussehen … …

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Brücken schlagen

Donnerstag. Heute beim Paket-Abholen gibt mir einer einen kleinen Zettel, er sagt: Für dich, den hab ich in der Fußgängerzone auf dem Boden gefunden: Ein Fremder wird von großer Bedeutung für dich sein. Aus einem Glückskeks rausgeflattert? Keine Ahnung, jedenfalls scheint der Typ diesbezüglich sehr zuversichtlich. Und dann erzählt er mir von seiner Magisterarbeit, packt den Laptop aus und demonstriert ein abgefahrenes Modell über Raum und Identität, das er selbst konstruiert hat. Ungefähr 20 min. referiert er darüber und ich höre zu und langweile mich kein bisschen und denke, was gibts hier für crazy Leute, die dich nur einmal anschauen

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Geburtstag

Sonntag, Tübingen. Die Freundinnen und Freunde aus alten und uralten Zeiten, Familie und PM alle um den großen, reichlich gedeckten Tisch – so lässt es sich nach wirklich anstrengenden Wochen und Monaten feiern. Aus Mangel am Vor-Ort-Sein steht der Weihnachtsbaum noch, und in der Mittagssonne funkelt der alte Glasschmuck aus Thüringer Werkstätten. Wir illuminieren den Baum, why not, und stellen die frischen Blumensträuße dazu, das mag ihn beleben. Nicht nur zur Weihnachtszeit 2.0, ich glaube, dass Böll uns von seiner Wolke aus zuzwinkert …

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