Baby Z.

Samstag, Tübingen. Wenn ich, vom Spielplatz zurück, mit Baby Z. Pfannkuchen backe, redet sie mit mir Deutsch. Kommt ihre Mama dazu, spricht sie Italienisch. Was heißt Kuchen auf Italienisch, frage ich, und sie: Torta. Ist sie außergewöhnlich klug, oder denke ich das nur? Wir haben dem Steiff-Reh einen Verband gemacht und es ins Bett gelegt. Nach dem Spielplatz war da plötzlich nur noch ein Auge. Baby Z. hat sehr geweint. Das Pflastern und Verbinden und die Pfannkuchen konnten sie wieder beruhigen. Sie fährt gerne Bus, aber wir müssen ganz hinten sitzen & sie am Fenster. Sie nimmt es genau. Ein

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Treffen am Sonntag

Sonntag, Tübingen. Nachher treffe ich mich mit Joachim Zelter zum Kaffee. Ich schätze seine Bücher wegen ihres nüchternen Stils in Kombination mit kafkaesker Abgründigkeit. In den nächsten Tagen erscheint sein neuestes Werk Hoch oben mit viel Bezug zu Tübingen;-) Die AutorInnen einer Stadt sollten zusammenhalten, finde ich. Einmal, vor vielen Jahren war das, habe ich eine Autorengruppe in Tübingen zusammengetrommelt. Ein paar Meetings, die hielten, was ich mir davon versprochen hatte, und schon wars auch wieder vorbei. Gescheitert an einer Person, die unsere Sitzungen sprengte und die wir alle nicht mochten, aber unsere Treffen waren öffentlich in Restaurants oder Cafés.

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Menschenrechte

Mittwoch. Die US-Regierung attestiert Deutschland eine Verschlechterung bei der Menschenrechtslage. Konkret benennt der jährlich erscheinende Country Reports on Human Rights Practices aus dem US-Außenministerium: Einschränkung der Meinungsfreiheit, durch Antisemitismus motivierte Gewaltttaten, Gefährdung der Demokratie. Wow! Das ist heftig. Wo wir Deutschen uns so viel einbilden auf unsere Tradition der Aufklärung und der Menschenrechte. Gerade gestern einen tollen Film zu dem Thema gesehen: Das Unwort. Tut ein bisschen weh, doch aus der Praxis kann ich Handlung und Darstellung vollumfänglich bestätigen. Nur das versöhnliche Ende ist wohl eher dem Wohlfühlgefühl des Publikums geschuldet. Die SchauspielerInnen allesamt 1. Reihe: Iris Berben, Ursina Lardi,

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Guten Morgen

Montag. Was bringt der Tag heute? Aus dem Fenster meines Arbeitszimmers fällt mein Blick auf das sonnenüberflutete, mintfarbene Dach der Wartburg unter einem zartblauem Himmel. Zu ihren Füßen zwischen alten, hohen Bäumen in allerschönsten Grüntönen die roten Ziegeldächer behäbiger Villen, ihren Platz behauptend, als könnte nichts und niemand ihre Zuversicht erschüttern. Ein Ewigkeitsbild. Nur ein Moment, und absorbiert von seiner Momenthaftigkeit, freue ich mich plötzlich auf so vieles: Meine Kinder sind, soviel ich weiß, gesund. PM ist frühs losgefahren und gut in B.N. angekommen. Nächste Woche lese ich auf dem Strohländle Open Air Festival aus meinem neuen Buch. Zwei Organisationen habe

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Kriegslogik

Freitag, Bad Neuenahr. Was ist besser daran, ein Land militärisch aufzurüsten, das trotz Beteiligung der USA und mehrerer europäischer Staaten nicht die geringste Chance hat, den Krieg zu gewinnen, als ein Land, dessen Existenzrecht von seinen Nachbarländern schlichtweg bestritten wird? Die Aufrüstung der Ukraine, bei gleichzeitiger immenser finanzieller und humanitärer Unterstützung der 1,3 Mio in Deutschland lebenden UkrainerInnen (und niemand fragt hier nach der Wehrpflicht derselben!), scheint angesichts der Stagnation des Krieges ein Fass ohne Boden. Kanzler Merz‘  Einschränkung von Waffenexporten an Israel steht die Tatsache entgegen, dass Deutschland seinerseits von Israel kriegsrelevante Technologien importiert (Raketenabwehrsysteme und geheimdienstliche Informationen), sicherheitspolitisch

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F. by Kehlmann

Donnerstag, im Zug nach B.N.  Und wieder ist es passiert. Schuld ist „F“ von Daniel Kehlmann. Warum ich es jetzt erst lese, wo das signierte Exemplar nachweislich seit 2013 in meinem Bücherschrank zwischen seinen vielen Kehlmann-Geschwistern steht, kann ich nicht sagen. Wie alle Romane vom großen D.K. ist es bestens geeignet, die Leserin, also mich, einzusaugen in eine aberwitzige, beklemmende, immer vage Handlung, die eindeutig nachhaltig auf mich wirkt. Ich sitze nicht mehr am Mainzer Bahnhof und warte auf den Zug, sondern in der Abendveranstaltung des unheimlichen Hypnotiseurs, der da so massiv in das Schicksal einer ganzen Familie eingreift. Oder

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Falsches Schweigen

Von Anna Schiller Das Schweigen der deutschen Öffentlichkeit zu den Geiseln der Hamas ist beschämend Die Deutschen rühmen sich gerne dafür, aus ihrer Geschichte gelernt zu haben. Im Umgang mit den von der Hamas verschleppten deutschen Staatsbürgern versagen jedoch Politik und Gesellschaft auf ganzer Linie. 185 Kommentare05.08.2025, 17.49 Uhr  3 min Hören Merken Drucken Teilen Ein Gedenkort für die Opfer des Hamas-Massakers auf dem Gelände des Nova-Festivals, von dem auch der deutsch-israelische Doppelbürger Rom Braslavski entführt wurde. Foto: Jim Hollander / Imago Sie lesen einen Auszug aus dem Newsletter «Der andere Blick am Abend», heute von Anna Schiller, Redaktorin NZZ Deutschland. Abonnieren Sie

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