Der Ärztin und Yoububerin Florence Randrianarisoa in „Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“ – erscheint am 27.04.2025:
„Die Schulmedizin ist sehr faktenlastig.
Das ist ja auch gut und richtig. Was mir aber in der Ausbildung extrem gefehlt hat, war dieser seelsorgerliche Aspekt, um Anhaltspunkte zu bekommen, wie ich den Patienten anspreche. Zum anderen vermisse ich den Bereich Mental Health, oder konkret: Wie stelle ich es an, dass ich nicht so ausbrenne? Und auch der intensive gegenseitige Austausch über Dinge, die uns überfordern, sollte ein Teil des Studiums sein.
Im fünften oder sechsten Semester hatte ich ein Erlebnis, das mich bis heute begleitet. Bei einer Autopsie wurden einem relativ jungen Mann die Organe entnommen, um die Todesur-sache zu ermitteln. Irgendetwas war anders als sonst in einem Präparierkurs. Vielleicht, weil der Mann gerade erst verstorben war. Ich stand da und sah zu und empfand das wie einen Schock und zugleich eine Erhellung, weil sich eine neue Per-spektive auftat, die nichts mit der Schulmedizin zu tun hatte.
Zuerst lag der Körper des Verstorbenen komplett unversehrt vor uns. In dem Moment, als ihm die Organe entnommen wurden, hatte ich das Gefühl, dass da nur noch eine Hülle lag. …“