Klarheit

Dienstag, Diano Marina. Vor 12  Jahren hat mich der liebe Gott durch die Hölle geschickt. Tagelang, nächtelang bin ich in der Gegend rumgerannt, wusste nicht wohin mit meiner Energie, meiner negativen Energie, die ich bis dahin gar nicht kannte. Habe nichts verstanden, wäre sogar zu meinem Peiniger zurückgekehrt (er sah mich so gerne weinen, dann fühlte er etwas; mein Part in dem Spiel erschreckt mich bis heute). Selbstwertgefühl am Boden lag. Ich dachte, das wars. Ich muss jetzt nur noch irgendwie für meine Kinder durchhalten.
Dann fünf Jahre Psychoanalyse bei einem, der mir gewachsen war, der mir nichts durchgehen ließ. Vor allem keine Selbstbezichtigungen. Eine der wertvollsten Begegnungen meines Lebens. In dieser Zeit lernte ich einen wunderbaren Menschen kennen, meinen Lebensmenschen PM. Das Wort Mensch füllt er mit all den guten Eigenschaften, die für mich das Menschsein ausmachen. (Vielleicht hätte ich ihn mir früher nicht zugetraut.)
Jetzt schaue ich durch das Fenster aufs Meer, das heute ziemlich unruhig ist. Der Wind fegt durch die Bäume und lässt Sonnenschirme und Handtücher flattern. Die Sonne hat sich wieder mal durchgesetzt. Spielt mit den Gischtspritzern, die wie Kristallregen an den Felsen zerplatzen, bringt die Blätter des Gummibaums zum Glänzen, als gäbe es daran keine Zweifel. Die rosa Oleanderblüten vor dem blauen Himmel allein schon ein Postkartenmotiv. Bin ich im Paradies?
Das Leben: jeden Tag neu und unvorhersehbar. Während es fließt, nimmt es verschiedene Farben an. Morgen kann alles aus sein oder total erhöht. Ich habe gelernt, mich dem zu stellen. Das habe ich immer getan. Der Mut hinzuschauen hat mir nie gefehlt. Aber sehr oft die Zuversicht, das Geschaute in meinem Sinne zu verwandeln. Die Angst vor Menschen habe ich verloren. Wer meine Kreise stört, von dem wende ich mich ab, das wird mir gelegentlich als Arroganz ausgelegt. Es ist aber Klarheit. Ich kann viel hinter mir lassen, und ich kann viel Neues annehmen. Ich habe in den letzten 12 Jahren gelernt, für alles dankbar zu sein. Manchmal, ohne es zu verstehen. Im Nachhinein erschließt sich auch hinter Knoten und Kanten eine Logik.