Freitag. Die Neu-Eisenacherin Sidiqa Hassan Pour las am 11.09.2025 in der Galerie K 12 anlässlich der Fotoausstellung „Starke Frauen“ (Fatemeh Hassani). Sie ist eine der 38 JungautorInnen des Buches „Junge Texte aus Eisenach“, hrsg. von C. Juliane Vieregge.
In den Portraits der Foto-Ausstellung „Starke Frauen“ sieht die Afghanin Sidiqa Hassan Pour ihr eigenes Schicksal auf schmerzhafte Weise gespiegelt. Als Mädchen war es ihr verwehrt, in ihrer Heimat eine Schule zu besuchen. Nach drei Jahren abenteuerlicher Flucht mit Mann und zwei Kindern über viele Umwege in Eisenach gelandet, gelang es ihr im Juli 2025, in der Ziola GmbH den Hauptschulabschluss erfolgreich zu absolvieren. Im nächsten Schuljahr möchte sie auch den Realschulabschluss nachholen.
Auf dem Hintergrund der Frauenportraits entfaltet Sidiqa Hassan Pours Text „Wenn ich reich wäre“ (S. 100) eine nachvollziehbare, ganz reale Tiefenschärfe. In ihrer Einführung sagt sie:
„Diese Fotos wecken viele Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend. Für uns afghanische Frauen haben sie eine unbeschreibliche Bedeutung. Ich fühle Schmerz und Hoffungslosigkeit. Aus der Sicht der Taliban sind Frauen lediglich ein Mittel zur Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse. Sie sagen, Frauen seien nur dazu geschaffen, Kinder zu gebären. Frauen in Afghanistan haben keinen Wert, keine Rechte, keinen Status. Es fällt mir sehr schwer, angesichts dieser Bilder meine Gefühle auszudrücken. Mein größter Traum von klein auf war es, zur Schule zu gehen. Aber weil ich ein Mädchen war, war das nicht möglich. Doch meine Eltern brachten mir zu Hause Lesen und Schreiben bei. Ich habe selbst zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Ich wollte nicht, dass meine Tochter das Leid erfährt, das Frauen in Afghanistan erleiden müssen. Ich wollte, dass meine Kinder so leben, wie sie es möchten: als freie und glückliche Persönlichkeiten. Also beschlossen wir, nach Europa auszuwandern.“


„NICHTS“
Das Zeichen auf dem Bild ist kein Symbol, sondern es ist ein Wort aus drei Buchstaben, und es bedeutet „Nichts“.
Sidiqa: „Die Bilder zeigen mir nochmal, welchem Schicksal wir entkommen sind. In Afghanistan sind wir Frauen nichts.“
„Als ich klein war, kamen die ersten Taliban an die Macht. Die Jungen sollten Taliban werden, die Mädchen sollten heiraten. Frauen mit Bildung machen den Taliban Angst. Meine Mutter hat mich und meine Geschwister versteckt. Wir haben nachts das Licht ausgemacht, damit die Taliban uns nicht finden.“
„Nach dem Erdbeben in Afghanistan vor 12 Tagen sind viele Frauen unter den Trümmern liegen gelassen worden. Frauen dürfen nur vom Ehemann, von den Söhnen oder Brüdern Hilfe erhalten. Sind diese Männer selbst im Erdbeben umgekommen, müssen ihre Schwestern, Mütter und Ehefrauen unter den eingefallenen Häusern sterben. Auch in den Kliniken ist es so, dass nur Ärztinnen Frauen behandeln dürfen. Aber seit Monaten gibt es in Afghanistan keine Ärztinnen mehr.“
„Frauen haben meistens keine eigenen Dokumente. Ohne Dokumente können sie keine Schule besuchen, kein Handy kaufen, nicht reisen. Sie dürfen nicht mal von einer Stadt in die andere fahren, weil Taliban auf allen Straßen Kontrollen durchführen.“
Raheleh, eine Freundin von Sidiqa: „Es gibt eine neue Taliban-Regel: Frauen dürfen nicht mehr laut beten, und sie dürfen ab sofort keinen Kaffee mehr trinken.“
Raheleh: „Die Burka ist hässlich und zu teuer.“