Abschied

Was soll man sagen? Der alte Achim Baier wäre zufrieden gewesen. Supergute Predigt. Mit einer Textstelle, die alles sagt. Das ist das Wunder von Bibeltexten: Sie sprechen für sich.
A.B. hatte alles durchdacht und mehrfach mit dem befreundeten Pfarrer besprochen, besser gehts nicht:
Time to say Goodbye in der Bottichelli-Version. Die hatte er schon vor zehn Jahren für seine Beerdigung gewünscht und festgelegt.
Und doch konnte er nicht gehen. Von der „Gier nach Leben“ sprach er manches Mal. Diesen existentiellen Konflikt hat die Predigt hervorgehoben. Der Sturz und eine OP, („sich selbst ein Bein stellen“), um die Welt endlich loslassen zu können? Um den Kampf ums Leben endlich, endlich verloren zu geben? PM weiß, wie sein Vater gegangen ist.
Die vielen Erinnerungen an ihn, die Verehrung seiner ehemaligen Schützlinge, das Gute, das er für sie getan hat in einem Staat, der auch vor Jugendlichen nicht Halt gemacht hat.  Manche Gäste sind von sehr weit angereist, um Abschied zu nehmen.
Wer Mitglied der Jungen Gemeinde war, musste von der Schule verwiesen werden. In der ganzen DDR war das so, nur in Eisenach am kirchlichen Luthergymnasium nicht, und auch nicht am Ernst-Abbe-Gymnasium Eisenach. Da, wo A.B. stellvertretender Schulleiter war und seine legendären Stunden gehalten hat.
Seine AnhängerInnen sind zahlreich und beim anschließenden Essen im BACH-Restaurant voller Geschichten über ihn. Über shocking dramatische Faust-Vorträge im Klassenzimmer, die, was Lautstärke und Gestikulieren anging, noch den anschließenden Theaterbesuch toppten. Über seine Strenge, die in Wut umschlagen konnte („Schlüsselbundwerfen“), über seinen Humor, über seine zuverlässig schützende Hand. Seine Goethe-Liebe. Seine Lektüre-Auswahl: Kafka, Böll, Frisch. Allein die Lektüren eine Form von passivem Widerstand. Seine ausgefuchste Argumentation, wenn es darum ging, sich dem staatlichen Zugriff zu widersetzen.
Er hat ihnen was auf den Weg mitgegeben. Auch PM. Sein klares Bewusstsein von falsch und richtig.
Er hat mein ganzes Leben geprägt, sagt eine Frau um die Siebzig. Und weint um ihren alten Lehrer.