Sonntag, Diano Marina. Abschied von Sebastian Haffner, damals gerade mal 24-jährig, ist einfach ein schönes Buch.
Ich wusste bisher nicht, wie Jugendliche in den Dreißigerjahren geredet haben. Jetzt weiß ich es.
„Aber Hallo?“ haben sie damals schon gesagt. Leicht, locker, flockig ihre Sprache. Ein Hauch von Ironie, um die Schwere nicht zu schwer werden zu lassen: In der kurzen Zeit zwischen den Weltkriegen.
Eine internationale Gruppe von Jugendlichen hat sich in Paris versammelt. Frühe Emigranten, wie die jüdische Teddy. Sie wird nicht mehr nach Berlin zurückkehren, ihr Instinkt lässt sie überleben: Tatsächlich ist Haffners Jugendliebe später von Paris nach Schweden gezogen, wo sie 1989 starb.
Wie gut, dass all diese klugen jungen Leute abgehauen sind. Abschied wirft ein Schlaglicht auf jene Interimszeit, die von Unsicherheit, Geldnot, Tempo, Euphorie und Freundschaft gezeichet war.
Wo ist der von ihnen kultivierte, leichte Ton geblieben? Indem sie wortspielen, frotzeln, witzeln, setzen sie wengistens sprachlich etwas dagegen. Sie haben den Mut zu lachen. Im Gegensatz zu ihnen weiß der Leser, was noch kommt, und ein Hauch von Ahnung scheint auch sie gelegentlich anzufliegen.
Unwiderruflich ist ihre Sprache, mit den Millionen von Gefallenen, Ermordeten ihrer Generation, dahin. Die danach, die schreibende Zunft, die den Krieg irgendwie überlebt haben, sie erheben sich aus der Asche und den Trümmern eines Landes, das die nächsten Jahrzehnte damit beschäftigt sein wird, sich neu zu definieren, und retten sich in Kurzgeschichten: Das Brot. Wanderer, kommst du nach Spa … Nachts schlafen die Ratten doch.
Schwer, schwerer, am schwersten. Deutsche Schwere, die bis heute die Buchseiten durchwabert, obwohl das Leben diese Schwere gar nicht mehr hergibt.
Abschied weckt Sehnsucht nach einer mentalen Haltung, die Leichtigkeit nicht mit Gewichtlosigkeit, die Charme nicht mit Eitelkeit verwechselt.
Coolness, das trifft es vielleicht am ehesten. Abschied von Haffner ist cool im allerbesten Sinne.