Marie Theres Relin, Schauspielerin und Autorin, in: „Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“, – erscheint am 27.04.2025
„… Also, als Autorin gibt es mich schon sehr lange, doch habe ich immer mit diesen Schubladen zu kämpfen, in die man mich reinsteckt und partout nicht wieder rauslassen will. Das macht es manchmal so schwer. Ich wehre mich dagegen, dass die Öffentlichkeit oder andere Menschen bestimmen, wer oder was ich bin. Die Deutungshoheit über mich und meine Arbeit möchte ich schon selbst übernehmen.
Die Idee, ein Buch mit meinem Mann, heute Exmann, zu schreiben, kam mir vor genau 23 Jahren. Es existiert sogar noch ein Brief, in dem ich ihm diesen Vorschlag unterbreite. Ich hätte das schon damals wirklich gern gemacht. Leider bin ich mit meiner Idee nicht zu ihm durchgedrungen. Erst 2022, als wir zusammen nach Teneriffa fuhren, um sein altes Auto von dort nach München zurückzuholen, und wir abends in der Küche beieinandersaßen, fiel es mir wieder ein.
So ist das oft bei mir: Meine Ideen sind immer ganz lange in mir, in meinem Körper, in meinem Kopf, wo sie wachsen und Form annehmen, bis sie plötzlich herausbrechen. „Lass uns doch“, sagte ich zu ihm, „die Wartezeit nutzen und Szenen keiner Ehe schreiben.“ Der Titel war mir spontan durch den Kopf geschossen. Und da sah ich, dass er aufhorchte.
„Okay“, meinte er. „Aber nur unter einer Bedingung: Wir wissen nicht, was der andere schreibt, und wir beeinflussen nicht das Werk des anderen. Jeder schreibt täglich circa eine Seite. Und wir schicken es separat an den Verlag.“
So haben wir es gemacht. Ich habe mich mit dem Projekt nicht an einem wichtigen Lebensmenschen abgearbeitet. Das hatte ich längst hinter mir. Für mich war die Form entscheidend. Er hatte zu mir gesagt: “Schreib doch mal aus deinem Ich heraus. Schreib doch mal radikal. Trau dich was!“
Ich wusste, er traut sich die vollen hundert Prozent. Das kannst du haben, habe ich mir gedacht. Und dann habe ich geschrieben.
Bei meinem Exgatten ist es immer Literatur. Bei mir tun die Rezensenten sich schwer mit der Definition. Zwei Drittel des Buches sind von mir. Zuerst habe ich mir ein Konzept erstellt. Da ich schon ahnte, dass er sehr um sich kreisen und vieles gar nicht erwähnen würde, etwa warum wir hier auf Teneriffa festsaßen, musste ich den Rest liefern: Über die Insel, die Menschen, das reparaturbedürftige Auto und die Werkstatt, eben die Details, die das Ganze mit Leben füllen und ihm eine Struktur geben.
Eines Tages suchte ich den Automechaniker Santi in seiner Werkstatt auf und sagte zu ihm: „Wenn du nicht bald mal das Auto fertigkriegst, machst du meine Karriere kaputt. Ich schreib darüber nämlich ein Buch.“
Als ich dem Franz davon erzählte, meinte er nur: „Du hast sie ja wohl nicht mehr alle.“
Er glaubte nicht wirklich an unser Projekt. Da war für mich klar: Ich musste es so machen, dass, wenn der Kroetz sagt, nee, ich mach’s doch nicht, ich trotzdem mein Buch habe. Dann hätte ich Szene keiner Ehe eben ohne Ex-Ehepartner geschrieben, das ist überhaupt keine Frage.“