Fabrikdenken

Dienstag. Baerbock macht genau die Außenpolitik, vor der ich im Vorfeld der Bundestagswahl richtig Angst hatte. Und Habeck befeuert ihren Kurs, als könnte er kaum abwarten, den real existierenden Kalten Krieg in einen heißen Krieg zu verkehren. Ohne Rücksicht auf Verluste trampeln die beiden Neuminister durch diplomatisches Beziehungsgeflecht, treiben die Inszenierung einer vorgeblichen russischen Aggression auf die Spitze, faseln von Aufrüstung und Nuklearwaffen, als gehörte solcherlei Vokabular heutzutage in den Grundwortschatz von Vertreter*innen der einstmals als Pazifistenpartei angetretenen Grünen.
Zur Erinnerung: 1999 brachten die Grünen unter Regierungsbeteiligung die ersten deutschen Kriegseinsätze seit dem Ende des Naziregimes auf den Weg: unvergessen der Einsatz von 14 deutschen Tornados bei der NATO-Operation “Allied Force” auf Ziele in Serbien. Auf diese Tradition scheint Baerbock sich zu beziehen, wenn sie, wie kürzlich geschehen, den Nuklearmächten Russland und China mit Atomwaffen droht. Aggressiv und militant verkündet die frisch gekürte Außenministerin: „Genau diese Frage der Atomwaffen macht deutlich, dass wir in Zukunft wieder eine aktive deutsche Außenpolitik betreiben werden, die sich den Dilemmata der globalen Politik stellt. Wir stehen zu unserer Verantwortung im Rahmen von NATO und EU und auch zur nuklearen Teilhabe.“
Und setzt noch einen drauf, indem sie mitten in der Pandemie die Beschaffung neuer atomwaffenfähiger Kampfflugzeuge fordert: „Wir müssen das Nachfolgesystem für den Tornado beschaffen, weil die konventionellen Fähigkeiten ersetzt werden müssen. Es handelt sich also nicht allein um sogenannte Atombomber. Über die Frage der nuklearen Zertifizierung werden wir dann weiter sprechen müssen.“
Baerbock scheint das eigenständige Denken an den Türen ihrer NATO-fixierten Denkfabriken abgegeben zu haben, genau wie Habeck und wie Jahre zuvor schon Cem Özdemir. Was kriegen die bloß dafür?