Happy – Eisenach ist anders

Montag. Eisenach im Winter ist wie ein Spaziergang durch meinen alten Kinder-Adventskalender.
Ist das Leben hier sowieso schon irgendwie runtergefahrener, dann wird es unter der Puderzuckerdecke geradezu beschaulich. Alle reden vom Weihnachtsmarkt, ob man auch schon …, und hast du das gesehen …? Der Weihnachtsmarkt findet ganz traditionell auf dem Marktplatz statt. Schon in der Woche des Aufbaus weht eine Aufgeregtheit durchs Städtchen wie vor einem nationalen Großereignis. Und tatsächlich ist dieser Weihnachtsmarkt irgendwie anders. Seit Tagen macht das schneeweiße Riesenrad der Georgenkirche Konkurrenz. Heute geht es endlich los, mit seiner Lightshow leuchtet das Rad bunt und fröhlich über die Dächer hinweg, während dir unten der Duft nach allen Köstlichkeiten – nein, nicht der Welt, sondern Thüringens um die Nase weht: Bratwürste, Stollen, gebrannte Mandeln, Soljanka … und Lángos als ungarisch-exotisches Special. Es ist der am wenigsten kommerzielle Weihnachtsmarkt, den ich je erlebt habe. Kein Kitsch aus Fernost, keine gewaltigen Lichtinstallationen, keine Losbuden, kein Autoscooter. Sondern einladende Fressbuden, Schnitzereien aus dem  Erzgebirge, Glaskunst aus der näheren Umgebung, ein Karussell und eben das Riesenrad. Auch kein Gewummer aus den Buden: Auf einem hohen Podest steht ein Chor und singt live. Während der Schnee rieselt und das Stimmengewirr zunimmt – alle sind gekommen, halten einen Schwatz, holen sich was zu essen und überlegen, ob es für eine zweite Fahrt noch reicht.
Ich laufe kreuz und quer durch die Buden hindurch und bin glücklich.
Bald ist Weihnachten … und ich bin in Eisenach.