Montag. Es war einmal ein Prinz, der war wunderschön und hatte lange goldene Locken. Nur ein Makel störte seine äußerliche Vollkommenheit: Seine Miene war niemals ernst. Immer lächelte er und grinste, lachte oder kicherte, je nach Laune.
Eines Tages traf er beim Ausritt auf eine Fee, die sich ihm in den Weg stellte und ihm, als er sein Pferd zum Stehen gebracht hatte, verkündete, er habe drei Wünsche frei.
Ach, gute Fee, sprach der Prinz und schmunzelte auf die Fee herab: Was soll ich mir schon wünschen, bin ich ja recht eigentlich glücklich und zufrieden mit mir.
Du willst dir wirklich nichts wünschen?, fragte die Fee ungläubig.
Der Prinz strahlte übers ganze Gesicht und schüttelte den Kopf. Das hast du wohl noch von keinem gehört, wie?, fragte er. Aber so ist’s, ich begehre nichts und habe schon alles, und es wird auch wohl in Zukunft nichts passieren, das mir Unbill oder Sorgen bescheren könnte.
Nun, sprach die Fee, wenn du dir so sicher bist, dann gehe ich jetzt wieder, aber sage hinterher nicht, ich hätte dich nicht gefragt.
Der Prinz ritt nach Hause zu seinem Schlosse, übergab das Pferd dem Stallknecht und begab sich darauf in die königlichen Gemächer, um sich der Mittagsruhe zu überlassen. Doch kaum wollte er die Türe hinter sich schließen, da ertönte auf einmal ein großes Geschrei, und seine Gemahlin kam die Treppe herauf gestürmt.
Ach, lieber Mann, rief sie noch im Laufen: Höre nur, was geschehen ist! Während du ausgeritten bist, waren Diebe hier, und sie haben unsere Keller und Speicher aufgebrochen und alles gestohlen, was sich darinnen befand. Nur noch von hinten konnten die Wachen sie sehen, so schnell waren sie auch schon wieder davon gestoben. Nun, die Dinge lassen sich ja alle wieder beschaffen, und so würde es mich nicht weiter grämen, wenn nicht ausgerechnet mein diamantenbesetztes Brautkleid in die Hände der Diebesbande gefallen wäre. Ach, lieber Mann, könnte doch ein Wunder geschehen und die Diebe dazu bringen, wenigstens mein Brautkleid zurückzugeben!
Der Prinz griente, denn er war müde vom Ausritt und hatte kaum noch eine Erinnerung an das Brautkleid seiner Gemahlin. Frau, sagte er, lass es gut sein. Das Kleid ist doch nur eines von vielen Kleidern, die sich in deinen Kästen und Schränken türmen. Nimm ein anderes und betrachte es für jenes als das Kleid unserer Vermählung.
Die Prinzessin brach in Tränen aus und weinte bitterlich ob seiner Unbekümmertheit. Der Prinz aber dachte bei sich, wie sehr es ihm doch gelegen käme, wenn er die gute Fee nun um einen Wunsch bitten könnte, doch wusste er wohl, dass ihm kein Wunsch mehr frei stand.
Er tätschelte die Wange seiner Gemahlin und zwinkerte ihr lustig zu, als sie sich ganz geknickt zum Gehen wandte. Dann machte er es sich auf seiner Schlafstatt gemütlich, um seine Ruhe zu finden und den unangenehmen Zwischenfall so schnell wie möglich zu vergessen.
Als der Prinz wieder erwachte, drang ein Lärmen und Rufen aus dem Hofe an sein Fenster herauf. Er beugte sich weit über die Brüstung, um zu sehen, was es nun schon wieder gab, und lachte bald über das ganze Gesicht, als er den gesamten Hofstaat, alle Hofbeamten und Diener samt Mägde und Knechte versammelt fand und in großer Aufregung.
Leute, was habt ihr?, rief er hinunter. Da wurde es auf einmal ganz leise, nur manche murrten und ballten die Fäuste, bis einer rief: Hoheit! Eure Wirtschaftsgebäude fingen Feuer und brannten in wenigen Sekunden wie die Fackeln herunter. Und mit ihnen sieben Frauen und sieben Männer und alles Vieh in den Ställen, und selbst der Hofhund, der geradewegs ins Feuer zurückgerannt ist, um bei den Schweinen und Pferden zu bleiben, ist in den Flammen erstickt!
Der Prinz schwieg, seine Lippen zuckten, er feixte vor lauter Ratlosigkeit.
Er lacht schon wieder!, schrie eine Magd, deren Mann einer von den Sieben war, die bei dem Feuer ihr Leben gelassen hatten.
Der Prinz schloss das Fenster. Er wanderte in seinem Schlafgemach auf und ab, und als er drei Stunden so gewandert war, bekam er Hunger und hatte bald vergessen, was ihn so zum Umhermarschieren gebracht hatte. Er ging hinunter in den Speisesaal, wo die Prinzessin, in ein schwarzes Gewand gekleidet, schon bei Tische saß und eben von dem Diener, dessen Augen ganz rot geweint waren, einen dampfenden Teller gereicht bekam.
Oh, Schweinebraten!, jubelte der Prinz und steckte sich seine Serviette in den Kragen und sah nicht die trauernden Blicke seiner Gemahlin und der Diener, die aufgereiht an der Wand standen und ihrer Tränen kaum Herr wurden.
So ging der Tag zur Neige, und der Prinz spazierte noch ein wenig in den Park hinaus, um darüber nachzusinnen, wie gut es der liebe Gott doch mit ihm meinte, dass die Diebe schon über alle Berge waren, so dass er sich nicht mehr um sie zu kümmern brauchte; und dass er von dem Feuer verschont geblieben war, obgleich es auch ihn hätte treffen können. Wie oft hatte er in den Wirtschaftsgebäuden verweilt und in verborgenen Winkeln so manches Schäferstündchen mit den propperen Mägden aus dem Dorfe abgehalten.
Versonnen lächelte er vor sich hin und lachte und gluckste vor lauter Wohlbehagen über sein Glück.
Da brach auf einmal sein Fuß ein, und der Prinz stand nicht mehr auf dem Rasen, sondern lag in einem tiefen Loch, das einst der Blitz in den Boden geschlagen hatte und das von Wurzelwerk und Laub bedeckt war. Und wie er so nach oben in den dunklen Himmel schaute, da brach ein Ast von der toten Eiche neben dem Loch, stürzte durch die Zweige herab und landete direkt auf seinem Hals.
Der Prinz würgte und schrie, doch es drang nur ein kläglicher Laut aus seiner Kehle. Da sah er, wie eine Gestalt sich über den Rand des Abgrundes beugte, und es war die Fee, die betrübt auf ihn herunter sah.
Ach, gute Fee, nur ein einziger Wunsch!, röchelte der Prinz und verzog seine Miene zu einem letzten, schaurigen Grinsen.