Donnerstag, im Zug. Die Sommerwärme ist zurück, golden herbstlich eingefärbt. Mein Auge ruht sich auf den vorbeiblitzenden Feldern aus, ich genieße die Vorfreude. Im Koffer brandneues Arbeitsmaterial und die legendären Eisenacher Canaches von Brüheim – nahrungstechnisch ist in jeder Hinsicht für die Schreibwerkstatt heute Abend vorgesorgt.
Wenn der Zug nicht jetzt schon 100 min Verspätung hätte, wäre mein momentanes Mindset als uneingeschränkt positiv zu bezeichnen. So wächst die Befürchtung, dass ich den Termin nicht schaffe: die zweistündige Pufferzone ist bereits ausgeschöpft und das stets bösartige Überraschungspaket am Horror-Hbf Stuttgart steht noch bevor.
Ich aktualisiere mein Mindset und erkenne die Notwendigkeit, Strategien zu entwickeln – Zeit habe ich ja noch. Die Lösungsansätze stellen sich als entweder grässlich teuer oder riskant heraus. Ich entscheide mich im Zug zu bleiben, obwohl durch mehrere außerplanmäßige Halts an kleinen Bahnhöfen die Möglichkeit bestehen würde, außerplanmäßig auszusteigen. Heftige allergische Reaktionen zeige ich neuerdings bei folgenden Phänomenen: Vorausfahrender Zug, Stellwerkschaden, plötzlicher Personalausfall. Hautausschlag und Magenkrämpfe erweisen sich als Mindset beeinträchtigend.
Um ein Growth-Mindset an den Tag zu legen, telefoniere ich mit den Personen, die ich heute noch treffen werde, und bereite sie auf mögliche Planänderungen vor. Da alle Personen verständnisvoll und beruhigend reagieren, komme ich allmählich wieder in den positiven Bereich.
Das Mindset der DB, ermittelt auf Basis repräsentativer empirischer Quellen, ist eindeutig ein Fixed-Mindset: Die anderen sind Schuld!