Heimatbesuch

Dienstag, im Zug von Werne/Hamm nach Eisenach. Bummeln, essen gehen, Spiele machen, quatschen: Mit meiner lieben L., dem Lchen und dem Tchen verbringe ich das WE in Werne im Ickhorn. (Werne ohne Mama ist komisch und ich bin froh, dass ich nicht allein bin und wir den Ort gemeinsam mit neuem Sinn füllen können.)
Samstag Abend fährt uns meine alte Schulfreundin I. zum Bahnhof – sogar Kindersitze hat sie irgendwo aufgetrieben – und wir fahren zusammen nach Köln weiter, wo das Lchen am nächsten Tag ein Handballturnier hat. Übernachtung in L’s WG, diesmal unkompliziert. Netten, neuen Mitbewohner kennengelernt. Sonntag: Das Lchen im Tor – so süß! Und das Tchen neben mir auf der Tribüne …
Nachmittags fahre ich zurück nach Werne, abends Treffen mit I., die immer noch so wach & klug, so unaufgeregt freundlich ist wie früher. Bei gutem Essen sich austauschen und fast gar nicht in alten Zeiten schwelgen –  die neuen geben genug für uns her!
Spontan verlängere ich mein Zimmer bis Dienstag. In Werne, wo meine Eltern lange Zeit gelebt haben und gestorben sind, bin ich auch irgendwie zuhause. Aber meine wirkliche Heimatstadt ist Kamen. Eine Stunde an diesem WE nehme ich mir Zeit und laufe durch die schmerzhaft vertrauten Straßen, am Koppelteich vorbei, den es nicht mehr gibt, und da, wo meine Grundschule stand, die Martin-Luther-Schule, steht jetzt ein Seniorenheim.
Der Gang durch Kamen deprimiert mich: Ein dreckiges Nest ohne jeden Charme, Kneipen und Cafés verschlossen und vernagelt, die Geschäfte aufgegeben oder zu 1-Euro-Läden degradiert. Wie die meisten Städte im
Ruhrgebiet ist auch diese fucking runtergerockt.
Doch dann die Straße, meine Straße mit dem großen Baum in der Mitte des Rondells, und hinter Birke und Tanne unser altes, weißes Haus, so schön wie eh und je: In der Aue 1, da ist meine Kindheit.

Heute am frühen Morgen wird direkt unter meinem Hotelfenster der Wochenmarkt aufgebaut.
Schönes Frühstück, Koffer packten, auf Wiedersehen. Auf dem Weg zum Hammer Bahnhof kracht I. gegen einen Pfosten. Blechschaden am Heck, und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil sie nur wegen mir gefahren ist.
Ich komme wieder, aber jetzt geht es erstmal zurück nach Eisenach. Morgen muss ich arbeiten, und irgendwie freue ich mich sogar darauf.


Werne, Marktplatz, vom Ickhorn aus