Serkan Eren, Gründer und 1. Vorsitzender der Hilfsorganisation STELP, in: „Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“, – erscheint am 27.04.2025
„Jede Stunde Arbeit verändert Leben.
Ich arbeite 15, 16 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Pausen gönne ich mir kaum, Urlaub sehr selten. Ich verschwende meine Zeit nicht mit Partys oder Serien auf Netflix. Eigentlich habe ich nur noch ein Hobby, und das ist Fußball. In den 90 Minuten bleibt das Handy weitestgehend abgestellt. Alles, was nicht dazu dient, Leid zu lindern, ist für mich Zeitverschwendung. Ich weiß, wofür ich das mache. Jede Stunde, die wir arbeiten, hat einen wahnsinnig positiven Impact auf die Menschen in Not. Ich rechne meine Arbeitszeit immer in das Leid um, das ich damit lindern kann.
Die Hilfseinsätze verändern auch mein Leben. Es macht ja was mit mir, wenn eine Mutter mir Fotos vom fünften Geburtstag ihres Kindes schickt, das höchstwahrscheinlich tot wäre, wenn ich es nicht schwer verletzt rausgeholt hätte. Wenn mir Menschen schreiben, die jetzt ihre Ausbildung fertig haben und in einem Foltergefängnis saßen, wo wir sie aus einer unmenschlichen Situation befreit haben.
Erfolg ist für mich, Leiden zu verhindern.
Wenn ich einen erfolgreichen Monat hatte, habe ich Menschenleben gerettet. Nach einem erfolgreichen Monat frieren wesentlich weniger Menschen oder haben weniger Hunger. Oder sie sind in Sicherheit. Wieder bei ihren Familien. Erfolg ist auch, wenn wir in Stuttgart sehr viel Geld gesammelt haben, um das alles zu erreichen.
Realistischerweise darf ich sagen: So wie ich aufgewachsen bin, stand es nicht gerade in meinen Sternen, dass ich eines Tages Stuttgarter des Jahres sein würde. Oder dass ich ein Jahr später, 2023, vom Wirtschaftsmagazin Capital zum Top Talent 40 under Forty gekürt und im selben Jahr der Bundes-präsident mir das Bundesverdienstkreuz umhängen würde.
Oft hört man ja das Argument, als Einzelperson könnte man gar nichts machen. Das ist natürlich völliger Quatsch. Wahrscheinlich nur eine Ausrede von Leuten, die nichts tun wollen. Aber nicht nur ich widerlege diese Behauptung. Es gibt unzählige Menschen da draußen, die sich für Menschen in Not einsetzen. Jeder kann etwas verändern, wenn die Entschlossenheit da ist.
Ich bin zielstrebig. Wenn ich etwas will, dann mache ich das. Ich arbeite gerne und viel. Ich bin resilient, ich halte ziemlich viel aus. Und seit dem Unfall hemmt mich keine Angst.
Die Nahtoderfahrung nahm mir die Angst vor dem Tod.
Sekundenkurz vor dem Unfall – ich hatte wohl gerade etwas gesucht oder aufgehoben – ging mein Blick über das Armatu-renbrett auf die Straße zurück. Plötzlich …“