Sebastian Krumbiegel: Courage

Musiker und Frontmann der Prinzen Sebastian Krumbiegel in „Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“ – erscheint am 27.04.2025:

„Ohne Courage fällt Vergeben schwer.
Zwei Jahre, nachdem die beiden Täter zu hohen Gefängnisstrafen verknackt
worden waren und ich mir den ganzen Wahnsinn mit dem Lied «Geh in
den Knast» von der Seele geschrieben hatte, bekam ich einen Brief vom
Weißen Ring: Der eine der beiden Täter wolle sich bei mir entschuldigen.
Zuerst war ich dagegen, aber meine Freunde rieten mir, es zu machen,
weil das die einzige Chance sei, selbst mit der Geschichte abzuschließen.
Der Typ saß im Maßregelvollzug. Das ist kein Knast, sondern eine Ein
richtung für psychisch kranke Straftäter mit oftmals Drogen- und Alkohol
problemen.
Als er anfing, mir von seinem Elternhaus zu erzählen, war das der Klas-
siker mit viel Gewalt in der Familie, gegenseitigem Niedermachen und
frühem Kontakt mit der rechten Szene. Je länger wir miteinander redeten,
desto mehr hatte ich das Gefühl, Mitleid mit ihm zu haben. Er weinte und
entschuldigte sich bei mir, und als ich wieder raus war, fühlte ich mich
ziemlich mies. Was wäre aus mir geworden, wenn ich an seiner Stelle gewe-
sen wäre – nicht im warmen Nest mit viel Liebe von Eltern und Geschwis
tern und gemeinsamer Musik und Gesprächen? Diese Frage ging mir nach.
Ich war froh, dass ich seine Entschuldigung angenommen hatte. Und trotz
dem blieb eine Restangst vor dem Tag seiner Entlassung.
Was mir durch das Treffen mit dem Täter klar geworden ist: Am Ende
hab ich es ja auch für mich selbst getan. Man sollte sich da nicht toller
darstellen, als man ist. Ich glaube, vieles von dem, was ich für einen guten
Zweck tue, mich für einen Verein engagieren oder für eine gute Sache um
sonst auftreten, hey!, das mach ich doch auch deswegen, weil ich dann
besser in den Spiegel schauen kann.
Tatsächlich bin ich danach mit dem Überfall besser zurechtgekommen.
Leider lief mir aber später einer seiner Pfleger über den Weg. Der war
mittelschwer angetrunken und erzählte mir, der Typ habe mich verarscht
und sich bloß bei mir entschuldigt, um früher entlassen zu werden. Diese
Version von unserem Treffen hat mich wieder ganz schön durcheinander-
gebracht. Ich weiß bis heute nicht, wer die Wahrheit gesagt hat, der Nazi
oder der Pfleger?“

Zeitverschiebung

Mittwoch, Lüneburg. Sagen Sie mir mal ein paar Sätze zu Frau Wolf, sagt einer am Telefon, der mich direkt aus dem Mittagsschlaf klingelt.

Ich bin in Lüneburg bei meiner Freundin Veronika. Unser 2-tägiges Klassentreffen in Essen-Werden liegt schon hinter uns, jetzt sind wir für drei Tage bei ihr. In Lüneburg. Ich habe Ferien. Von PM erfahre ich, dass sein 101-jähriger Vater an den Folgen des Sturzes vergangene Woche und der anschließenden OP gestorben ist. Oh mein Gott, der Arme! Der arme PM. Heute kommt er auch nach Lüneburg, natürlich gibt es viel zu besprechen. Ich versuche den Gedankensalat zu ordnen und schlafe darüber ein.

Und dann: Sagen Sie mir ein paar Sätze zu Frau Wolf. Ich sage nichts, schicke ihm statt dessen, während wir miteinander reden, das Print-PDF von Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten, es ist ja noch nicht auf dem Markt. Er will auch über die Jungen Texte aus Eisenach schreiben, die sind aber erst recht noch nicht zu haben.

Er scheint reell, nicht einer von denen, die für einen Tagesgag ihre Seele verkaufen. Er sitzt also gerade an einem Artikel über beide oder eines meiner beiden Bücher, während ich so weit weg bin. Auch mental. Klassentreffen machen Flashbacks, ob du willst oder nicht. War ich jemals Autorin? Ich bin Mitschülerin, Freundin, Storytellerin. Erinnerungen wiederbeleben, alte Beziehungen auferstehen lassen, als lägen keine Jahre dazwischen. Es ist wie früher, ich lache mit denselben und beharke mich mit denselben wie gehabt.

Unten höre ich Veronika irgendwas rufen.

Ich bin in Lüneburg, und mein Schwiegervater ist gestorben, sage ich zu dem Typen am Telefon. Das tue ihm leid. Er habe den Alten gekannt, von irgendeiner Reportage. Wir verabschieden uns. Ich war ihm keine große Hilfe. Bin gespannt auf den Artikel.

Florence Randrianarisoa: Faktenlastig

Der Ärztin und Yoububerin Florence Randrianarisoa in „Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“ – erscheint am 27.04.2025:

„Die Schulmedizin ist sehr faktenlastig.
Das ist ja auch gut und richtig. Was mir aber in der Ausbildung extrem gefehlt hat, war dieser seelsorgerliche Aspekt, um Anhaltspunkte zu bekommen, wie ich den Patienten anspreche. Zum anderen vermisse ich den Bereich Mental Health, oder konkret: Wie stelle ich es an, dass ich nicht so ausbrenne? Und auch der intensive gegenseitige Austausch über Dinge, die uns überfordern, sollte ein Teil des Studiums sein.
Im fünften oder sechsten Semester hatte ich ein Erlebnis, das mich bis heute begleitet. Bei einer Autopsie wurden einem relativ jungen Mann die Organe entnommen, um die Todesur-sache zu ermitteln. Irgendetwas war anders als sonst in einem Präparierkurs. Vielleicht, weil der Mann gerade erst verstorben war. Ich stand da und sah zu und empfand das wie einen Schock und zugleich eine Erhellung, weil sich eine neue Per-spektive auftat, die nichts mit der Schulmedizin zu tun hatte.
Zuerst lag der Körper des Verstorbenen komplett unversehrt vor uns. In dem Moment, als ihm die Organe entnommen wurden, hatte ich das Gefühl, dass da nur noch eine Hülle lag. …“

Danke, Jungs von Leif de Leeuw

Samstag. Samstag. Bluesrock mit der Leif de Leeuw Band in der Alten Mälzerei.
Die jungen Typen spielen eigene und neu interpretierte Titel u.a. von den alten Allman Brothers auf – der Wahnsinn („Jessica“)!
Augen schließen und der sich hochgilfzenden Gitarre lauschen, den krashenden Sounds, dem Klangteppich – langsam legt sich meine Anspannung und ich kann spüren, dass ich noch lebe.
Ich war in den letzten Wochen ziemlich neben der Spur, weil so dermaßen auf die beiden Buchprojekte fokussiert, dass Tag und Nacht an mir vorbeigerauscht sind. Und oft genug nicht zu unterscheiden waren. Totale geistige Verkrampfung. Und dann, umgeben von Sound und Scheinwerferlicht und dem Jubel des angefixten Publikums und freundlichen Menschen, die PM von früher kennt, fällt das wir eine Schale von mir ab, ganz komisch. Ganz schön beruhigend: Das Leben hat mich wieder.

Und das hier auch noch …

Endphase

Dienstag. Auch die „Jungen Texte aus Eisenach“ sind nun abgeschickt.
Große Erleichterung, auch wenn jetzt noch diese fiesen kleinen Sachen anstehen: Klappentext, Impressum, die Aufteilung der Bilder … wie beim Umzug, wenn du eigentlich denkst, du bist fertig, und in den Ecken stehen überall noch Plastiktüten mit Zeug rum …

Ch. H. ist fertig mit dem Layout, das Cover steht ebenfalls.  Wunderschön. Mein Buchprojekt im Doppelpack. Ich freue mich.

Einfach nur cringe

Sonntag. „Wir wissen, dass Erdbeben mit der Klimakrise zunehmen!“
Wenn Simone Peter, ehem. Grünen-Vorsitzende, sich mit ihrer haarsträubenden These zu den verheerenden Erdbeben in Myanmar und Thailand blamiert, wenn sie, ohne zu erröten, in aller Öffentlichkeit einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und komplexen seismischen Prozessen postuliert, macht sie nicht nur die Wissenschaft lächerlich, sondern leider auch sich selbst.
Peters, die tektonische Verschiebungen bzw. ein furchtbares Erdbeben kurz mal vor den eigenen Karren spannt, um Angst und Schrecken unter den schreckhaften Allesgläubigen zu verbreiten, fungiert inzwischen als Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Sie ist also keine Politikerin mehr, sondern Lobbyistin. Da ist Panikmache seit jeher ein probates Mittel.

Leipziger Buchmesse

Samstag. Leipziger Buchmesse, und meine liebe L. war dabei. Hat in ihrer Funktion als  2. Vorsitzende des BDÜ (Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer) einen wundervoll kurzweiligen und informativen Vortrag gehalten über ihre vielschichtige Arbeit als Sprachtechnologin und Übersetzerin. Wie gut sie frei sprechen kann! Eine Freude, ihr zuzuhören. Bis abends zusammen durch die Hallen gezogen, dann zurück nach Eisenach.

 

Betty BBQ: Riesenschritt

Die Freiburger Dragqueen Betty BBQ in „Was wirklich zählt – 18 Mal Hoffnung in Krisenzeiten“
erscheint am 27.04.2025:

„Mir war immer bewusst, dass ich anders bin.
Meine Eltern sind nach meiner Geburt in ein kleines Dorf auf dem Land ge-
zogen. Dort bin ich aufgewachsen in dem sehr frühen Bewusstsein, anders als
die anderen zu sein. Bis heute kann ich es nicht genau definieren. Es war mehr
ein Gespür, eine Ahnung. Ich wusste nicht, was mit mir los war. Es schien
einen Schwachpunkt bei mir zu geben, den ich nicht erfassen konnte, der mich
jedoch mit großer Unsicherheit erfüllte. Ich war derjenige, der nie zu Geburts-
tagen eingeladen wurde – nie wissend, wieso eigentlich nicht. Kinder können
grausam sein. Ich war oft der Prellbock und habe ganz viel abbekommen.
Die Frage nach dem Wieso hat mich tatsächlich lange, lange begleitet.
In einer Phase, während der man sich selbst entdecken sollte, war ich so
damit beschäftigt, nicht gemocht zu werden, dass ich nicht die Zeit und die
Kapazität fand, mich zu fragen, wer ich eigentlich bin. Ich war noch nicht
mal volljährig, als ich aus dem Dorf geflüchtet bin. Ein Heimatvertriebene!
Nicht aus meinem Elternhaus, das ist mir ganz wichtig zu erwähnen:
Ich habe fantastische Eltern, die mich immer unterstützt haben. Aber sie
waren gar nicht in der Lage, das, was mir widerfahren ist, aufzufangen. Das
war in dieser Umgebung einfach nicht möglich. Irgendwann war für mich
klar: Ich muss da raus. Deswegen bin ich mit sechzehn in die Stadt, nach
Freiburg, in eine WG gezogen. Für mich als ein Junge vom Land war das
ein Riesenschritt! …“

Ulf Merbold: Himmlischer Ritt

erscheint am 27.04.2025:

“ So einen Start kann ich gar nicht in Worten beschreiben. Man hat natürlich
Angst und muss lernen, damit umzugehen und damit klarzukommen, aber
auf der anderen Seite ist es auch unglaublich spannend, wenn man dann
zum ersten Mal die Zeit hat, an ein Fenster zu gehen und rauszugucken.
Was man da sieht, übertrifft alle Erwartungen.
Ich habe insgesamt drei Flüge machen dürfen, und ich kann wirklich
sagen, die schwierigste Phase war jedes Mal die Zeit des Wartens auf den
Start. Also die letzten zwei Stunden vor dem Countdown. Da sitzt man
dann schon im Shuttle oder in der Sojus-Kapsel und ist eigentlich nur noch
als Randfigur beteiligt.
Man hat viel Zeit, sich über die eigene Situation Gedanken zu machen,
und natürlich denkt man daran, dass von diesen 2.000 Tonnen Start
gewicht das meiste brennbares Material ist. Besorgt hat mich immer die
Frage, ob ich das in mich gesetzte Vertrauen bestätigen kann, nämlich die
Experimente, die mir überlassen wurden, fehlerlos durchzuführen, damit
sich die hochgesteckten Erwartungen an gute, belastbare wissenschaftliche
Daten am Ende auch erfüllen.
Wenn das Ding dann losgeht, ist das ein unbeschreibliches Gefühl!
Der Shuttle mit seinen 2.000 Tonnen hat auf einem Schlag 3.000 Tonnen
Schub. In dem Maße, wie der Treibstoff verbraucht wird und die Tanks lee-
rer werden, nimmt die Beschleunigung beständig zu. Es kostet nur achtein-
halb Minuten, dann hat man vertikal nach oben 250 km zurückgelegt und
eine Geschwindigkeit von 27.000 km/h erreicht. Was ich hier schildere,
hört sich so technokratisch an, aber in Wahrheit ist es ein himmlischer Ritt! 

Aufrüstung NEIN DANKE!

Freitag, Bad Neuenahr. Wir sollen also kriegstüchtig gemacht werden. Womit nicht nur das Kriegsmaterial gemeint ist, sondern die mentale Bereitstellung. Eine Aufrüstung im Äußeren wie innerlich.

Sigmar Gabriel leidet bei Maybrit Illner: Ein Drittel der Deutschen glaube einfach nicht, dass der Russe quasi vor der Tür steht.

Das sei das Versagen der Politik, dies nicht vermittelt zu haben!, tadelt Illner streng.

Wo sind wir? „1984“ 2.0?  Wer selber denkt, ist selber schuld?

Mit geballter Power lassen die Medien die Botschaft auf uns niederprasseln: Krieg immer wahrscheinlicher!

Die potentiellen Kriegsgewinner hocken in den Talkshows oder in den Vorständen der Waffenschmieden. Andersdenkende, Pazifist*innen werden niedergeschrieen. Leider erfolgreich.

Umso lauter müssen wir sein: Aufrüstung – NEIN DANKE!