„Amts“-Geflüster

Ich habe die lustigste Schreibwerkstatt der Welt. Ich habe den besten JII-Kurs der Welt. Ich verstehe das Gejammer um die PISA-Studie nicht, nichts davon kann ich bestätigen. Es gibt so viele tolle Jugendliche, wach und sensibel und talentiert. Wie man die großartigen Klausurtexte (Korrekturmarathon letzte Nacht!) sammeln und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen könnte, damit sie nicht alle ungesehen, ungewürdigt in der Versenkung verschwinden?, darüber haben wir uns heute Gedanken gemacht. Schreibimpuls: „Stellt Gott sich den Menschen vor, oder stellen die Menschen sich ihren Gott vor?“ 22 Jungs und Mädels haben sich darauf eingelassen. Sie hatten Spaß, ihre Gedanken von der Leine zu lassen und einfach drauf los zu schreiben – wie eigentlich immer bei solchen freien und gleichzeitig fordernden Themen. Jetzt bin ich echt gespannt, welches Projekt sich daraus noch entwickelt …

Tack Marie, tack för allt

Dienstag. Marie Fredriksson ist gestorben. Das macht mich sehr traurig. Die Roxette-Frontfrau war erst 61 Jahre alt. Seit 2002 ein Hirntumor bei ihr diagnostiziert wurde, war sie von der Krankheit gezeichnet, auch wenn sie sich zwischendurch erholte, Soloalben veröffentlichte und sogar noch zwei Alben mit ihrer Band machte.
Fredriksson war für mich eine Vorbildfrau. Sie hatte einen coolen Look, sah toll aus, zog ihr Ding durch. Ihre Lieder haben mir gute Laune gemacht, ich habe nach ihnen getanzt, sie auf CDs verschenkt und immer wieder gehört. Sie haben mich ein ganzes Stück meines Lebens begleitet. Ich schließe mich ihrem Bandkollegen Per Gessle  an: Danke, Marie. Danke für alles.

Endlosschleife

Samstag. Die Schreibmaschine zu meiner Mutter gebracht. Mit unguten Gefühlen wieder zurückgefahren. Zum Glück war PM dabei … der dasselbe gerade in Eisenach hinter sich hat … 600 km in die eine, 400 km in die andere Richtung … wofür? Verbotene Fragen …

Betreiberwechsel und anderes Logistisches

Donnerstag. Dass nach und nach der Bahnbetreiber Abellio Teile des Regionalverkehrs in Baden-Württemberg übernimmt, ist nach DB-Auskunft die Erklärung, warum heute und morgen und überhaupt so viele Regios ausfallen. Den Betreiberwechsel hat Winne Hermann eingefädelt, manche vermuten, aus Rache an der Deutschen Bahn wegen Stuttgart 21. Hat aber jetzt niemand was davon, nicht mal der Winne. Fahrgäste haben seit Monaten damit zu kämpfen, dass massenhaft Züge wegfallen, dass sie zu voll sind und keiner darf mehr einsteigen oder sie fahren einfach nicht los, weil kein Lokführer da ist. Diese funny Durchsage kam bei meiner letzten Fahrt nach B.N., woraufhin sich der Zug einfach mal 30 Minuten lang nicht vom Stuttgarter Hbf wegbewegte.
Anschließend zur Post. Um auf dem Absatz umzudrehen angesichts einer Warteschlange, die sich durch das gesamte Postamt bis raus auf den Gehweg schlängelte.
Mit dem Paket unterm Arm weiter zur Telekom. Bei der letzten Vertragsänderung ist mir ein neuer Router untergejubelt worden, meiner sei so alt. Jetzt zahle ich beide, weil ich den alten nicht zurückgebracht habe. Wie auch? Keine Ahnung, wie man einen Router installiert …
Drei große Dienstleister, über deren Arbeit ich mir eigentlich keine Gedanken machen möchte. Die sollen einfach funktionieren: mich von A nach B bringen, meine Pakete transportieren, meine Kommunikation in Gang halten.
„Das ist Kapitalismus!“, erklärt mir der Typ von der Helferline die Sache mit dem Router. Ich sage: Nee, das ist Betrug“, und muss über seine politische Kurzbelehrung lachen. Er lacht auch und sagt in holprigem Deutsch: „Da sind Sie selber Schuld.“
Ja ja!
Am Abend mit T. essen gegangen und tatsächlich noch einen Tisch bekommen. Highlight des Tages.

Home sweet home

Sonntagsfrühstück. Neben meinen beiden Mitbewohnerinnen Sediq und Lisa (Namen geändert) ist auch mal wieder mein langjähriger Exmitbewohner Steve dabei. Er hat Brötchen vom Café Lieb mitgebracht. Zwischendurch holen PM und ich die Schreibmaschine aus dem „Amt“ ab, die ich einer Kollegin für mein Mutter abgekauft habe. Als wir zurückkommen, haben die anderen schon mal den Tisch abgeräumt und frischen Kaffee aufgesetzt. PM ist ziemlich erledigt von einer stressigen Woche. Steve ist fertig mit dem Medizinstudium und ziemlich entspannt. Sein Praktisches Jahr macht er in Münster, wohin er bald abdüst. PM will ihn noch schnell zur Chirurgie bekehren, aber Steve will lieber Anästhesist werden. Auch Sediq hat im Iran anfangs Medizin studiert und erzählt davon. Das sind die Momente, wo ich mich über die vielen interessanten, freundlichen, manchmal auch skurrilen Leute freue, denen meine Wohnung schon ein Zuhause geworden ist.

Slomka verhört

Sonntag. Marietta Slomkas läuft mal wieder zu slomkascher Höchstform auf. Von ihrem Killergrinsen in den Bann gezogen, läuft man glatt Gefahr, ihre Killerfragen zu überhören. Genüsslich zählt sie alle bisher im Amt gescheiterten SPD-Vorsitzenden auf und legt Walter-Borjans damit nahe, dass auch er an dieser Aufgabe nur verzweifeln, krepieren, elendig zugrunde gehen kann! Eine Political Fiction, die ihre Augen zum Strahlen bringt, da vermag sie ihre Mimik kaum noch in Schach zu halten. Wahrscheinlich guckt sie sich nachts ihre Aufzeichnungen an und ist begeistert: Von sich, von ihrer Unbestechlichkeit, von ihrem Geschnarre. Von ihrem Wegmetzeln lästiger Redebeiträge. Slomka rüstet auf. Die neuen SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken reden von einer linkeren Politik, was ja relativ ist, aber bei links kriegt Slomka konvulsivisches Magengrimmen. Das passt so gar nicht in die wohlige Slomka-Welt, wo man sich unter der Merkel-Sonne so schön eingerichtet hat und die strammen Merkel-Wege so schön eingelaufen sind (oups!, welch wundersame Doppeldeutigkeit). Damit kommen die Medien nicht zurecht, wie kürzlich auch Markus Lanz im scharfrichterlichen „Gespräch“ mit den beiden linksgeneigten Politikneulingen bewiesen hat. Eindeutig unprofessionell wird es aber, wenn Slomka den ZDF-Theo dazuschaltet. Liebevoll senkt sie ihre Stimme. Der Theo ist einer von ihnen, da kann sie kurz die Messer beiseite legen. Leider halten Walter-Borjans und Eskens bisher wenig dagegen. Wollen sie das mediale Stahlgewitter überleben, müssen sie sich zuallererst einem Rhetorik-Coaching unterziehen, um auch Slomkas Attacken in Zukunft mit geschmeidigem Weglächeln und Wegreden wegzubügeln. So sind die telekratischen Spielregeln. Eigentlich schade.

Black Friday

Freitag. Black Friday = Synonym für Unkultur. Für geistlosen Konsum. Für Kaufen ohne Freude = Selbstzweck. Für Verschleudern von Ressourcen ergo das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Für Zerstörung des Einzelhandels. Doofköppe, die sich nach verödeten Innenstädten sehnen, sollten heute bestellen, bis die Tastatur glüht, bis zum Augen Verdrehen, Kotzen, ins Koma Fallen … Black Friday ist das Gegenteil von Fridays for Future. Beides zusammen geht nicht.

Warmumsherz

Donnerstag. T. ist mein Lieblingssohn und ich bin seine Lieblingsmama. Sagen wir uns, nachdem er seinen Adventskalender mit den 24 Päckchen im Kofferraum verstaut hat. Steht auf der Straße und grinst, mein erwachsener Sohn, und freut sich wie früher, als er ein Kind war …