Kunstmuseum und Kulturnacht

Morgens (Frühstück auf der Terrasse):

Ich: Die Eva, ja?, die setzt sich zum Denken an den Tisch. Dann sitzt die da mit ihrer Teetasse und guckt einfach vor sich hin und denkt.
PM: –
Ich: Wie findest du das?
PM: Das ist mir eigentlich relativ egal gerade.
Ich: Setzt du dich auch zum Denken hin?
PM: Ich denke im Schlaf!

Mittags (Stuttgarter Markthalle):

PM: Da hat man einige Bierchen getrunken und dann gings rauf auf den Großen Hörselberg, und nach einer Weile ist der eine oder andere nicht mehr gewandert, sondern gepurzelt.

Nachmittags (Kunstmuseum Stuttgart):

Ich: Wo ist denn die Luisa Richter Ausstellung?
Aufseherin: Oben. Im 2. Stock.
PM (treppensteigend): Wir sind doch mindestens schon im dritten!
Ich (auch treppesteigend): Komisch. Weiß die nicht, wo das ist?
PM: (immer noch treppesteigend): Die ist nicht ganz bei der Sache.

Abends (Wolfgangs Geburtstag):

PM: Bist du Sozialist?
Wolfgang (CDU-Wähler): Ja.

Nachts (Tübinger Kulturnacht, Neckargasse 1.00 Uhr):

PM: Der Tübinger geht früh ins Bett. Da gibt es noch viel zu tun!

Erkenntnisse

Dienstag. Wenn das absolut Böse (Verrat, Betrug, Illoyalität) durch eine Person in dein Leben tritt, dann ist das ganz allein die Entscheidung dieser Person.

Persönliche Gründe mag es für seine Entscheidung geben, aber keine Entschuldigung.

Unerreichbarkeit ist ein aggressiver Akt. Unerreichbarkeit, Schweigen sind subtile Formen von Feindschaft.

Schlimm, wenn die feindliche Person dir von Liebe spricht.

Der Unerreichbare – wie auch das Unerreichbare – wird gerne idealisiert. Je unerreichbarer – kälter – , desto höher das Podest (der vermeintliche König). Das ist die Tragik der Vergeblichkeit. (Dr. K.)

Eisenach

Montag. Am Wochenende waren wir in Eisenach.

Kaum angekommen, schenken sehr freundliche, alte Menschen, die PMs Eltern sind, mir eine Kiste voller Bücher. (Eine DDR-Literaturgeschichte. Viel Sekundärliteratur. Ein paar Romane.) Vom Küchenbalkon der freundlichen, alten Menschen sieht man direkt auf die Wartburg. Wir reden nicht nur über Luther. Aber auch, was mir gefällt. Und dass sie mir schwarz-weiße Kinderfotos von PM zeigen, gefällt mir auch. Es gibt Kartoffelsalat und Würstchen, später Kaffee und selbstgemachten Streuselkuchen. Am Abend suchen wir PM’s Freund auf seinem Grundstück am Fuße der Wartburg, doch der ist leider ausgeflogen. Schade. Ich hätte so gerne sein legendäres Kühlhaus und sein selbstgebautes Stromkraftwerk gesehen. Durch den verrotteten Zaun blicken wir auf eine abschüssigen Wiese mit einer Hütte darauf. Ganz hinten, versteckt unter Bäumen, steht auch noch ein Hauszelt. Daneben ein Grill, ein Tisch und drei Stühle.

PM kennt jede Ecke in Eisenach. (Ich kenne nur seine Geschichten.) PM ist hier zu Hause.

Bei Rewe kaufen wir Obst, Brötchen, Thüringer Marmelade (Mühlhäuser) und Thüringer Wurst ein. PM sagt, runde Leberpastete ohne Fettrand gibt es nur im Osten.

Florian, meine Mfg

Sonntag. Florian, meine Mfg von B.N. nach Tübingen, zu den Neuzugestiegenen:

Habt ihr was dagegen, die Känguru-Chroniken Teil zwei zu hören?, dann müsstet ihr’s sagen, den ersten Teil kennen wir anderen schon von der Herfahrt, und ich, ich hab den sogar schon zweimal gehört, kennt ihr überhaupt die Känguru-Chroniken? Nee? Die sind voll lustig, also, das ist so ein Typ, ein Autor, der wohnt in Berlin Kreuzberg, und eines Tages kommt sein Nachbar rüber, um sich Eier und Mehl und einen Herd auszuleihen, der ist eben ein Känguru, und das ist kommunistisch angehaucht, weil es mit seiner Mutti in der DDR gelebt hat, und das zieht dann bei dem ein, und dann sind sie eine WG, eine Zweier-WG, und die quatschen den ganzen Tag so voll lustige Sachen über den Kapitalismus und den Kommunismus und so, also, ihr müsst euch zu Wort melden, wenn ihr das nicht hören wollt, aber nachdem ich das jetzt so angepriesen habe, habt ihr wahrscheinlich gar nicht die Eier zu sagen, wenn ihr’s nicht wollt, hahahaha, wir können natürlich auch den ersten Teil anhören, aber wie gesagt, den kenn‘ ich schon und man braucht ihn auch nicht unbedingt, um die Geschichte zu verstehen, also man findet den zweiten Teil auch lustig, wenn man den zuerst hört, ich leg das jetzt mal ein, alle einverstanden, ja?

Historisieren

Samstag, B.N. „Experten sprechen in einem solchen Fall vom ‚Historisieren‘ eines Stoffs: Man tritt einen Schritt zurück, der Dunst des Zeitgenössischen verzieht sich und erlaubt die kühlere Analyse, vorsichtig wird das Thema der hastigen Gegenwart entzogen.“ (Sebastian Fischer, Washington, Spiegel online 8. Mai 2014)

Unspektakulär. Schließen sich Kapitel. Die einmal die Aura des Bedeutungsvollen hatten.

Ein Mann, der

Ein Mann, der sich nicht erinnert.
Ein Mann der sagt, ich will so bleiben wie ich bin. (Am besten für immer.)
Ein Mann, der Gedichte aus Büchern abschreibt und dann verschenkt, als wären sie von ihm.
Ein Mann, der sich daran und daran auch nicht erinnert.
Ein Mann, der grinst, als er sich dann doch erinnert.
Ein Mann der schweigt und mit den Schultern zuckt und schweigt und
beklagt, man wisse doch rein gar nichts über ihn.
(Ich bin zu gut für diese Welt!)
Ein Mann, der sagt, was soll ich denn sagen.
Ein Mann der weint, wenn er sich eine Arie singen hört.
Ein Mann, dessen größte Heldentat darin besteht wegzurennen.
Ist ein Mann, der Frauen braucht,
um unter ihre Röcke zu kriechen.

Vorratsdatenspeicherung – VDS Teil II

Freitag. Ich habe meinen Chef gefragt. Unsere Daten werden auch alle gespeichert.
Wo?
Na, irgendwo in Stuttgart. Im Kultusministerium.
Ach! Im Kultusministerium? Und wer kann da ran, an meine Daten im Kultusministerium?
Ich jedenfalls nicht, sagt mein Chef. Dazu bräuchte er ein Passwort, das er nicht habe.
Ob denn die Daten, wie im Bundestag, auch nach drei Monaten gelöscht werden?, frage ich.
Sie können Ihren Verlauf selber löschen, sagt er. Aber dann müssen Sie im Löschaccount nochmal alles löschen, sonst kann man es wieder herstellen. Und wenn Sie was Verbotenes machen, dann nützt Ihnen auch das nichts. Dann holt die Kripo alles wieder hoch. Die haben da ihre Experten. Gelöscht oder nicht gelöscht – im Netz verschwindet nichts.
Mein Chef sagt, kürzlich habe er von seiner Tochter Enkelfotos geschickt bekommen. Da habe er gedacht, darf ich mir die jetzt ansehen? Fotos von einem nackten Baby? Hoffentlich passiert da nichts.
Das sei doch ein bisschen hysterisch jetzt, sage ich. Das sei ja schon die Schere im Kopf. Was das Internet da mit uns Usern mache, das sei wirklich persönlichkeitsverändernd!, rege ich mich auf.
Das ist eben so, sagt mein Chef. Darüber rege ich mich schon lange nicht mehr auf.

Vorratsdatenspeicherung – VDS Teil I

Donnerstag. Wie bitte?
Man denkt noch, sich verlesen zu haben, aber da steht es schwarz auf bildschirmgrau: Im Bundestag werden seit Jahren Daten gespeichert (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fall-edathy-unmut-ueber-interne-vorratsdatenspeicherung-im-bundestag-a-969541.html).
Also die Daten unserer Bundestagsabgeordneten. Es ist die IT-Abteilung von Parlamentspräsident Lammert, die speichert. Alles, was die Abgeordneten schreiben und austauschen und auch, wo sie im weltweiten Netz surfen, ist dokumentiert.
Der angebliche Grund für dieses mehr als befremdliche Verfahren: Man wolle technische Fehler korrigieren. Aha! Mein Name ist Hase und ich glaube alles. Wenn das der Grund nämlich wäre, dann wüssten die Abgeordneten ja wohl Bescheid und wären froh und dankbar, dass sich da einer der technischen Fehler annimmt. Bisher wussten sie aber eben nicht Bescheid. Und überhaupt: WER speichert da eigentlich WAS? Gibt es einen Namen? Ein Amt? Eine Kommission? Und: Wer hat Zugriff? Wer liest sich das um Himmels Willen alles durch, und WARUM?
Protokollieren des digitalen Fußabdrucks nennt Spiegel-online das Vorgehen jener ominösen IT-Abteilung.
Also, unter einem Protokoll verstehe ich wirklich etwas anderes. Ein Protokollant sitzt für alle sichtbar einer Sitzung bei und schreibt im Einverständnis aller die wichtigsten Punkte mit.
Davon kann bei der VDS (Vorratsdatenspeicherung) des Bundestages aber keine Rede sein.
Eine der Regeln der VDS lautet übrigens: Nach drei Monaten sind die Daten wieder zu löschen.
Fehlanzeige, wie sich aus den gespeicherten E-Mails von Unglücksrabe Edathy unschwer erkennen lässt, denn sie stammen aus dem Jahr 2010!
Zwischenfrage: Wer macht eigentlich diese Regeln? Und wer kontrolliert ihre Einhaltung? Und warum ist es egal, wenn sie nicht eingehalten werden?
Über Details konnte die Bundestagsverwaltung bis zum späten Nachmittag keine Auskunft geben, teilt Spiegel-online mit. Aber eines weiß ihr Sprecher dann doch zu sagen: Die Datenspeicherung sei ein Service für Abgeordnete, damit diese ihre Kommunikation nicht individuell sichern müssten.
Oh so! Ob die Abgeordneten über diesen Service glücklich sind?
Es herrsche große Verwirrung im Präsidium, erfahren wir. Und es werden eifrig Kommissionen gebildet.
Der Unions-Mann Thomas Jarzombek spricht von einem „Vertrauensproblem“.
Der Mann ist bescheiden, finde ich. Erinnert das Abhören in den eigenen Reihen nicht an ein höchst undemokratisches System, dessen Untergang wir seit 25 Jahren feiern?
Petra Sitte, parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, will denn auch nicht mal für drei Monate gespeichert werden: „Die weitreichende Speicherung unseres Kommunikationsverhaltens ist ein tiefer Eingriff in die Freiheit des Abgeordnetenmandats“, sagt sie.
Wurde die Errungenschaft der Vorratsdatenspeicherung nicht einst als Mittel gegen Terrorangriffe gepriesen? Sind unsere Abgeordneten in Wahrheit alle Terroristen?

Selbstoffenbarung

Montag. Kann passieren, dass dir einer irgendeine mehr oder weniger blöde Bemerkung / Botschaft zukommen lässt, und dir fällt es plötzlich wie Schuppen von den Augen.
Jede Botschaft ist eben immer auch eine Selbstoffenbarung dessen, der sie ausspricht.

Wochenende mit Putin

Sonntag. Ein Wochenende mit zusammen Einkaufen, Kochen (seit wann kann ich mit jemandem zusammen kochen?), Kneipen-Ranking (Kelter oder Meze), Diskussionen über Putin (sind Waffen und Kriege nicht total vorgestrig? Sollte Krieg sich nicht nur noch zwischen wütenden Männern im WeltWeitenNetz abspielen?, so jedenfalls meine Vorstellung), über den Unterschied zwischen Sekt und Prosecco, Ost- und Westvokabular, Design- und Ikeamöbeln und mit weiteren zielführenden Maßnahmen, die persönlichen Ost-West-Beziehungen zu intensivieren.
PM’s blaue Augen: Ein offenes Meer.